Der Westen und die »serbische Frage«

 

Von historischen Versäumnissen und Manipulationen

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Als die jahrhundertelange Herrschaft der türkischen Osmanen über weite Teile Südosteuropas zu Beginn des 19. Jhs. ins Wanken kam, erwuchs die sogenannte »Orientalische Frage« zu einem der brisantesten Probleme der europäischen Politik. Wie sollte der Raum von Pannonien und den Karpaten bis zur Adria und von den Karnischen Alpen bis zum neu geordnet, wie sollte für die lokale Bevölkerung in all ihrer ethnischen, sprachlichen, religiösen, kulturellen und sozialen Vielfältigkeit eine neue, zukunftsträchtige Lebensgrundlage gefunden werden, zumal gerade auf der Balkanhalbinsel verschiedene politische Interessenslagen und Zielsetzungen -- insbesondere des zarischen Rußland, der Habsburgermonarchie und des Britischen Empire -- das Vakuum auszufüllen gedachten? 

Die Aufstände und Kriege, die seit Beginn des 19. Jh. nahezu ununterbrochen den Balkan erschütterten, waren von Anfang an mit furchtbaren Greultaten verbunden. Als etwa die aufständischen Serben unter ihrem Anführer, Djordje Petrovic genannt Karadjordje (»der Schwarze Georg«), am 30. November 1806 Belgrad von den Türken zurückeroberten, war der Haß gegen den Unterdrücker so tief, daß ein großer Teil der muslimischen Bevölkerung der Stadt ermordet wurde. Die türkischen Herrscher ihrerseits hatten wenige Jahre zuvor versucht, die örtlichen Anführer unter den serbischen Bauern systhematisch hinzurichten. Gezielte »ethnische Säuberungen« mit dem Ziel der gänzlichen Vernichtung eines bestimmten Abstammungsstroms standen in einer grausamen Tradition alter Stammespraktiken, die weit in vorchristliche (bzw. nichtdurchchristete) Zeiten zurückreicht; man lese als ein Beispiel unter vielen über die Rache der Israeliten an den Midianitern, die Moses von Jahwe aufgetragen worden war (4. Mose 31). 

Es zeigte sich bald, daß das Problem der Neuordnung in den befreiten Gebieten Südosteuropas nicht nur ein politisches war, sondern mit dem Versuch einhergehen mußte, sehr alte und als Folge der langen türkischen Herrschaft fest eingewurzelte, aber von der Entwickung längst überholte Lebensweisen und Traditionen, Denk- und Empfindungshaltungen nach und nach weiterzuentwickeln oder auch aufzulösen -- nicht durch Gewalt, sondern durch die Schaffung von geistig-kulturellen und sozialen Bedingungen, die einer tiefgreifenden Verwandlung der Lebenswelt zuarbeiteten. Der kleinen Schicht gebildeter, meist von mitteleuropäischem Geistesleben geprägter Menschen auf dem Balkan stand die große Zahl von Bauern gegenüber, die noch in einer mythisch-magischen Welt lebten, deren wichtigste Gesetze und Normen aus den Instinkten des »dicken Bluts« (debela krv) geschöpft wurden. Eine archaisch anmutende patriarchale Ordnung -- verbunden mit Sippendenken, Brautraub, Blutsbrüderschaft und Blutrache bei Albanern wie Serben, die Verehrung der slava (des Familienschutzgeistes) bei orthodoxen Serben und Bulgaren wie bei katholischen Kroaten -- wurde in den Jahrhunderten der Stagnation unter der türkischen Herrschaft geradezu mumifiziert und in eine Zeit hinübergetragen, in der sich die »guten Kräfte des Bluts« bereits zurückgezogen hatten. Im Blut rumorten mehr und mehr diejenigen Instinkte, welche die inzwischen die gesamte Menschheit in den Niedergang zu reißen drohen. 

Diese Problematik zeichnete sich als zentrale Erkenntnisfrage für das Völkerleben spätestens in der Mitte des 19. Jh. in Europa ab, als die materialistische Weltanschauung das gesamte Vorstellungsleben zu durchdringen begann. Die korrumpierende, in die Dekadenz führende Kraft, die im Blutstrom verstärkt ihre Wirksamkeit entfaltete, resultierte aus einem geistigen Geschehen, das 1879 seinen Höhepunkt und Abschluß fand und auf das Rudolf Steiner oft genug hingewiesen hat.[1] Die Gestaltung des europäischen Völkerlebens hätte seit diesem Zeitpunkt aus geistigem Erkennen heraus erfolgen müssen, ansonsten drohte das Versinken aus den seelischen Volkskräften in die überlebten physischen Blutinstinkte der Stammes- und Sippenbande, die sich als sozialer Sprengstoff auslebten. Dies gilt in besonderem Maße für die Zustände auf dem Balkan. 

In politisch-sozialer Hinsicht konnte man in Bezug auf den Balkan während des 19. Jhs. im wesentlichen zwei verschiedene Haltungen einnehmen: Die mosaikartige Anordnung der dort lebenden Völker mitsamt ihren Religionen und Traditionen verlangte nach einer sozialen Ordnung, die freilassend und befreiend zugleich sein mußte, den Rahmen für kulturelle Öffnung und Austausch zu schaffen hatte, um die dort lebenden Kraftströme in eine förderliche Richtung zu leiten. Politisch mußte diese Ordnung auf einer föderativen oder konföderativen Grundlage verankert sein und ein größeres Gebiet umspannen, in dem verschiedene Völker gleichberechtigt einbezogen waren. Die andere Haltung bezog sich ausschließlich auf machtpolitische Gesichtspunkte; für sie war der Balkan und die sich dort darlebenden Kräfte bloßes Mittel zur Erlangung und Festigung einer europäischen Großmachtstellung, ein geopolitischer Baustein auf dem Weg zu politischer oder kommerzieller Weltherrschaft. Aus dieser zweiten haltung heraus hatte man diese Kräfte darum so zu lenken, daß sie unbewußt verblieben und ihre schädliche Wirkung im Sinn der eigenen Ziele verbreiteten. 

Spätestens um 1815 war deutlich, daß sich ein Volk aus der ihm innewohnenden geistigen Dynamik und Wucht heraus besonders dazu eignete, politisch zur einigenden Kraft auf dem Balkan zu werden: die Serben. Serbien war sozusagen das Piemont der südslavischen Einigungsbewegung, Belgrad das balkanische Turin. Die Kraft war vorhanden, die Frage war lediglich, wie diese Kraft gelenkt werden würde. Schon damals wußten westliche Politiker: Will man in Europa und in der angrenzenden außereuropäischen Welt größere geopolitische Veränderungen erreichen, läßt sich ein äußerst wirkungsvoller Hebel auf dem Balkan ansetzen. Nicht umsonst verlief einst hier die Grenze zwischen West- und Ostrom, wurde hier das erste Schisma der Christenheit im 9. Jh. zur kulturellen Scheidelinie zwischen Occident und Orient.[2]

Man könnte zahlreiche Beispiele aus dem 20. Jh. anführen, die zeigen, wie Gestaltungspläne im Sinne westlicher Zielsetzungen auf den Balkan übertragen wurden, ohne auf die eigentlichen Bedürfnisse der dort lebenden Menschen einzugehen und ohne Hilfestellung bei der Bewältigung der geistigen Probleme zu leisten, sondern wie im Gegenteil diese geistigen Probleme durch manipulatives Vorgehen eher noch erschwert und vertieft wurden. Geistige Versäumnisse, die Menschen und Völker eines bestimmten Raums auf sich laden, lassen sich damit keineswegs rechtfertigen oder wegentschuldigen, jedoch ist es nicht angebracht, daß gerade diejenigen als moralische Ankläger auftreten, die diese Versäumnisse lange genug nährten und für ihre eigenen Sonderinteressen nutzten. 

Man untersuche etwa die Einflußnahme auf die serbische Politik mit Hilfe des freimaurerischen Grand Orient de France an der Wende des 19./20. Jhs.; den Verlauf der Ausformulierung der »Jugoslavischen Idee« in London nach 1915; die Einimpfung des »Selbstbestimmungsgedankens« 1918/19; die Beweggründe der Briten, den königstreuen serbischen Cetniks nach 1943 die militärische Unterstützung zu entziehen und den kommunistischen Partisanen unter Tito zukommen zu lassen; die Verhandlungen zwischen Churchill und Stalin auf der Moskauer Konferenz 1944; die Aktivitäten der britischen und bundesdeutschen Geheimdienste MI6 und BND noch zu Lebzeiten Titos seit Anfang der 80er Jahre; die offene Unterstützung der beiden geistesverwandten kroatischen und serbischen Staatsführer und Kriegsverbrecher Franjo Tudjman und Slobodan Milosevic durch den Westen in den Jahren 1991-1996. 

Ein Beispiel sei etwas ausführlicher geschildert: Der eigentliche Ursprung des mittlerweile berühmt-berüchtigten. »Großserbischen Gedankens«, der Sammlung aller ethnischen Serben (oder vielmehr was man zu verschiedenen Zeiten darunter verstand) in einem Reich, ist nicht in Belgrad, sondern in den westlichen Hauptstädten London und Paris zu suchen, und er war mit wesentlich größeren Ambitionen verbunden. 

Die politischen Grundgedanken des »Großserbismus«, die in erster Linie gegen den Fortbestand des Osmanischen und des Habsburgerreiches zielten, wurden im Jahr 1844 erstmals vom damaligen serbischen Außenminister Ilija Garasanin (1812-1874) in einem geheimen »Entwurf« (Nacertanije) zusammengefaßt, wobei er an Pläne des polnischen Exilpolitikers Adam Czartoryski (1770-1861) anknüpfte. Fürst Czartoryski, 1831 aus Polen über England nach Paris geflüchtet, verfügte dank seiner Zugehörigkeit zu mehreren, in der Hauptsache englischen freimaurerischen Logen über gute Kontakte in der westlichen Hemisphäre. Eine besonders warme Freundschaft unterhielt er mit August Frederic Herzog von Sussex, seit 1813 Großmeister der Vereinigten Großloge von England.[3] Im Pariser Hôtel Lambert residierend, hatte Czartoryski ein Agentennetz aufgebaut, das im Osmanischen Reich englische und französische Interessen fördern, dem österreichischen und russischen Vordringen auf dem Balkan jedoch entgegenarbeiten sollte.[4]

Nach der Vorstellung Czartoryskis, die dem entsprach, was Rudolf Steiner als Konzept der »im allerbesten Sinne unterrichteten und wirkenden Okkultisten Westeuropas in den guten Zeiten des westeuropäischen Okkultismus«[5] erwähnte, sollte Serbien aus politischen und wirtschaftlichen Gründen bis an die Adriaküste expandieren, um sich an die britischen Handelszentren auf den ionischen Inseln und Malta anzuschließen. Die auf diese Weise entstehende Balkanföderation unter Einschluß Bosniens, Albaniens, Griechenlands, Bulgariens, der Moldau und der Walachei sollte ihren Völkern größtmögliche Autonomie garantieren. Der ganze Plan war allerdings mit einer vollständigen Neuordnung Europas verbunden, die Czartoryski schon seit seiner Tätigkeit in Rußland ins Auge gefaßt hatte, wo er 1804-1806 als Außenminister unter Zar Alexander I. wirkte: Die europäische Neugestaltung sollte unter Führung von England und Frankreich durch Ausdehnung des Nationalitätenprinzips, der Gleichheit und Solidarität unter den »selbstbestimmten« Völkern erfolgen. 

Der Plan sah u.a. vor: Umsturz der habsburgerischen Hausmacht; Aufsplitterung des österreichischen und spanischen Reichs in unabhängige Nationalstaaten oder Föderationen; Errichtung einer westdeutschen Föderation, einer italienischen Föderation unter der Führung des Papstes, unabhängiger Königreiche Ungarn und Böhmen, eines Commonwealth Polen sowie die Befreiung der Balkan-Christen von den Türken. Ferner forderte Czartoryski die Gründung einer Res Publica Christiana unter der Führung eines Obersten Rats und einer Gesellschaft von Amphiktyonen (kultisch-politischen Zusammenschlüssen) mitsamt einer gemeinsamen Streitmacht. Hingegen kritisierte er das Habsburgerreich, es sei eine bloße Agglomeration von Landesteilen ohne natürliche Grundlagen, nur durch die Dynastie künstlich zusammengehalten.[6]

Czartoryskis Biograph, der langjährige Leiter des Krakauer Czartoryski-Archivs Marian Kukiel, erwähnt ferner, daß der Entwurf des Exilpolen in vielem bereits der durch die Pariser Friedensverträge 1919 neugestalteten Landkarte Europas entsprach und sein Nationalitätenkonzept wie eine Blaupause des Wilsonschen Schlagwort vom »Selbstbestimmungsrecht der Völker« anmutet; außerdem deutet Kukiel diskret an, daß die beiden Westmächte Rußland für Czartoryskis Ordnungskonzept erst gewinnen und dazu die entente cordiale in eine triple entente verwandeln mußten -- in die Bündniskonstellation am Vorabend des Ersten Weltkriegs.[7]

Diese westlich gelenkte Balkanföderation sollte also den mitteleuropäischen (habsburgischen) Einfluß, vor allem auch den geistig-kulturellen, in diesem Gebiet weitgehend ausschalten (1915 wurde ein verwandtes, auf den gleichen Prinzipien beruhendes Konzept des »Jugoslavismus« von Tomás Garrigue Masaryk in London ausgearbeitet). Czartoryski hatte den Gedankenkeim gelegt; der serbische Minister Ilija Garasanin nahm ihn dankbar auf. Garasanin änderte die Vorschläge aus der Denkschrift von Czartoryski allerdings dahingehend um, daß er das Konzept einer Föderation, die insbesondere auf der Gleichberechtigung zwischen Kroaten und Serben zu beruhen hatte, durch einen zentralistischen Staatsgedanken ersetzte. Natürliche Verbündete Serbiens in seinem Kampf gegen das Osmanische Reich und Österreich, so meinte Garasanin, seien neben Rußland auch Frankreich und England. In der Donaumonarchie erblickte er den ewigen Feind Serbiens: 

    »Österreich muß folglich unter allen Umständen unaufhörlich der Feind des serbischen Staates sein; Einvernehmen und Eintracht mit Österreich sind daher für die Serben eine politische Unmöglichkeit; in diesem Fall würden sie sich freiwillig aufhängen.«[8]

Der »Entwurf« Garasanins wurde in den folgenden Jahrzehnten vor allen Dingen unter der serbischen Offizierskaste zum Leitfaden allen politischen Handelns und inspirierte noch die Mörder des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand

Seit dem 19. Jh. ist die Frage einer geistigen Erneuerung des Balkanraums mit der Zukunft eines kulturell gesundeten Europa untrennbar verbunden. Die Versäumnisse sind nicht nur eigenverschuldet; sie gehen auch auf das Konto der einseitigen machtpolitischen Einflußnahme des Westens. Der Anachronismus des Einsatzes von computergesteuerten Marschflugkörpern gegen die Exzesse der hemmungslosen Blutrache weist auf ein viel tiefer liegendes Problem: Die gegenwärtigen Greuel -- die systhematische Vertreibung und Ermordung der Albaner durch die Serben, die Bombardierung und Ermordung von Serben und Albanern durch die NATO -- sind letztlich ein Symptom für die ungelösten geistigen Fragen, welche sich im Lauf der Entwicklung der europäischen Menschheit seit Beginn der Neuzeit aufgetan haben. 

Dem Westen werden heute die verfaulten Früchte seiner eigenen Konzepte und Ideen gespiegelt, die auf dem Balkan nichts als Haß gesät haben -- vom Nationalitätenprinzip und den zentralistischen Einheitsstaat bis zum Marxismus-Leninismus, von der Eugenik bis zum »Kampf der Kulturen« eines Samuel Huntington. Solange der Westen, wie im Falle des Harvard-Professors und Sicherheits-Experten Huntington, ein Menschenbild propagiert, das auf den Prinzipien von Konkurrenz, Haß, Feindschaft und Kampf beruht, wird sich an den im Kosovo-Konflikt aufgeworfenen Problemen nichts ändern -- im Gegenteil: sie werden sich dort und anderswo weiter verschlimmern. 

Selbstverständlich stehen Gedanken wie diejenigen Huntingtons in einem größeren Zusammenhang, sind mit einer Zielsetzung verbunden, die nicht offen ausgesprochen wird. Es gilt, den »Westen« auf eine Zeit kommender Konflikte vorzubereiten, gegen die sich der Krieg gegen Jugoslavien wie eine »Fingerübung« ausnehmen wird, und seine »Identität« zu stählen; Brennpunkte dieser gewollten künftigen Konflikte werden in Zentralasien mit seinen riesigen Energiequellen und in Ostasien liegen. Huntington stimmte den Westen deshalb auf seine eigene Zukunft ein, als er schrieb: 

    »Für Menschen, die ihre Identität suchen und ihre Ethnizität neu erfinden, sind Feinde unabdingbar, und die potentiell gefährlichsten Feindschaften begegnen uns an den Bruchlinien zwischen den großen Kulturen der Welt.«[9]

Er geht dabei wie selbstverständlich von der Annahme aus, daß ein Bewohner eines bestimmten Landstrichs seine persönliche Identität auf der höchstmöglichen Stufe mit der Zivilisation, Kultur oder Religion identifizieren kann, der er infolge seiner physischen Geburt angehört. Eine Identität allerdings erwähnt Huntington nicht: das Menschsein. Wörter wie man oder human wird man in seinem Wortschatz vergeblich suchen. Von seinem Weltbild ausgehend, das den Menschen ausschließlich als materielles Produkt des Vererbungsstromes und der Umwelteinflüsse definiert, nimmt er diese Identität nicht wahr, und so stellt er erst gar nicht die Frage: Was bin ich als Mensch? Was macht mich erst zu einem Menschen, zu einem Angehörigen der Menschheit? Er erwidert lediglich: »Wenn nicht Zivilisationen, was dann?«[10]

Nicht Slobodan Milosevic, sondern einer der einflußreichsten Vordenker der westlichen Welt, der auf keiner wichtigen, »meinungsbildenden« Konferenz innerhalb der »atlantischen Gemeinschaft« fehlen darf, schrieb die Sätze: 

    »Was bei der Bewältigung einer Identitätskrise für die Menschen zählt, sind Blut und Überzeugung, Glaube und Familie. Menschen gesellen sich zu anderen, die dieselbe Herkunft, Religion und Sprache, dieselben Werte und Institutionen haben, und distanzieren sich von denen, die das nicht haben. (...) Ein Offizier kann sich institutionell mit seiner Kompagnie, seinem Regiment, seiner Division und seiner Waffengattung identifizieren. Entsprechend kann sich jemand kulturell mit seinem Clan, seiner ethnischen Gruppe, seiner Nationalität, seiner Religion, seiner Zivilisation identifizieren. (...) In einer Welt, in der die Kultur zählt, sind Stämme und ethnische Gruppen die Züge, Nationen die Regimenter, Zivilisationen die Heere. (...) Zivilisationen sind die umfassendsten kulturellen Größen; daher werden Konflikte zwischen Gruppen verschiedener Zivilisationen für die globale Politik zentral.«[11]

Die »ethnischen Säuberungen« in Bosnien, Kosovo und anderswo auf der Welt stellen die logische, einzig mögliche Konsequenz dar, die sich aus derartigen Gedanken ergibt. Huntington ist einer ihrer Urheber. 

Auf der Ebene der geistigen Wirklichkeit der Gedanken kämpft deshalb der »Westen« in Serbien gegen seinen eigenen dunklen Doppelgänger. 

 

 

[1] Rudolf Steiner: Der Sturz der Geister der Finsternis (GA 177), 14. Oktober 1917; Innere Entwickelungsimpulse der Menschheit (GA 171), 13. November 1917; Die soziale Grundforderung unserer Zeit (GA 186), 29. November 1918; vgl. auch Markus Osterrieder: Die große Krise des Menschseins. Gedanken zum »Krieg aller gegen alle«. In: Der Krieg aller gegen alle und die Geburt einer neuen Brüderlichkeit. Stuttgart: Urachhaus 1998, S. 44-65. 

[2] Vgl. Markus Osterrieder: Sonnenkreuz und Lebensbaum. Irland, der Schwarzmeer-Raum und die Christianisierung der europäischen Mitte. Stuttgart: Verlag Urachhaus, 1995.

[3] Ludwik Hass: Wolnomularstwo w Europie srodkowo-wschodniej. Tom 1: W XVIII i XIX wieku [Freimaurerei in Ostmitteleuropa. Bd. 1: 18.-19. Jh.]. Wroclaw 1982, S. 273ff.; Marian Kukiel: Czartoryski and European Unity 1770-1861. Princeton 1955, S. 224f. 

[4] Vgl. Paul N. Hehn: Prince Adam Czartoryski and the South Slavs. In: Polish Review 8 (1963), S. 76-86; Derselbe: The Origins of Modern Pan-Serbism: The 1844 Nacertanije of Ilija Garasanin. In: East European Quarterly 9 (1975/76), S. 153-171; Dragoslav Stranjakovic: Kako je postalo Garasaninovo "Nacertanije" [Wie Garasanins "Entwurf" entstand]. In: Spomenik Srpske Kraljevske Akademije XCI, drugi razred 70, 1939, S. 75-97; Wolf Dietrich Behschnitt: Nationalismus bei Serben und Kroaten 1830-1914. Analyse und Typologie der nationalen Ideologie. München 1980, S. 54ff.; Robert A. Berry: Czartoryski and the Balkan Politics of the Hôtel Lambert, 1832-1847. Diss. Ann Arbor/Mich. 1975; Jerzy Skowronek: Adam Jerzy Czartoryski (1770-1861). Warszawa 1994.

[5] Rudolf Steiner: Zeitgeschichtliche Betrachtungen, Bd. I. (GA 173), 11. Dezember 1916. 

[6] Kukiel: Czartoryski and European Unity, S. 156f. 

[7] Kukiel: Czartoryski and European Unity, S. 48ff. 

[8] Zit. nach Hehn: The Origins of Modern Pan-Serbism, S. 159. 

[9] Samuel Huntington: Der Kampf der Kulturen. The Clash of Civilizations. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. München-Wien 1996, S. 18.

[10] Samuel Huntington: If not Civilizations, What? Paradigms of the Post-Cold War World. In: Foreign Affairs 72/5 (Nov./Dez. 1993), S. 186-194, hier 186. 

[11] Huntington: Der Kampf der Kulturen, S. 194, 199f. 

 

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