Das Ost/West-Verhältnis an der Jahrhundertwende |
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Rund zehn Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, an der Wende zu einem neuen
Jahrtausend, haben die Beziehungen zwischen der westlichen und
der östlichen Hemisphäre des Planeten einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Der mentale Riß zwischen den beiden alten, griechischen und lateinischen
Kulturregionen Europas wurde von den Europäern bislang nicht als
Herausforderung an ihre Bewußtseinskräfte erkannt und konnte dementsprechend
auch nicht geschlossen werden. Nun weitet er sich wieder zu einem
trennenden Graben, den man auch den »Samuel-Huntington-Graben« nennen könnte, um auf diejenigen politischen und wirtschaftlichen
Kräfte zu deuten, die aus der Existenz der mentalen Teilung Europas
und aus dem tiefen Bewußtseinsschlaf der Europäer ihr Kapital
schlagen. Die kulturelle Trennscheide zwischen Ost und West, die
seit den Zeiten des Römischen Reiches existiert, wird also noch
eine ganze Weile weiterbestehen. Die zwei Kriege des Jahres 1999
an der südöstlichen Grenze des europäischen Kontinents -- auf
dem Balkan und im Nordkaukasus -- sorgten und sorgen für eine
erneute, klare polare Gegenüberstellung insbesondere in der Bewußtseinshaltung zwischen den beiden Roms des 20. Jahrhunderts, zwischen dem West-Rom
Washington D.C. und dem Ost-Rom Moskau.
Im westlichen Teil Europas zeigt sich die Bevölkerung immer desinteressierter an Vorgängen im Osten, speziell in den Ländern des ehemaligen sowjetischen Herrschaftsgebiets. Die Medien helfen bei der Verbreitung eines Bildes von Osteuropa, das ein ganzes Panoptikum des Horrors präsentiert: Armut, Verfall, Anarchie, Kriminalität, Brutalität und Chaos. Alles Dinge, die natürlich nur Abscheu und Ekel hevorrufen können, die zwar existieren, aber doch nur einen Teil der Realität abbilden. Indem man dem Osten 'den Rücken zuwendet', sind die Europäer zugleich gebannt und fasziniert von dem schillernden 'Licht aus dem Westen', das auf sie eine Wirkung ausübt wie eine elektrische Glühbirne auf ein Insekt. Für das spirituelle und kulturelle Wesen Europas ist die gegenwärtige Entwicklung jedenfalls ein Unglück. Vielleicht wird Europa, dessen zukünftige Umrisse mehr denn je durch die geopolitischen Erfordernisse eines mit dem Pilum nach Zentralasien gerichteten Militärpakts (der Nato) definiert werden, einen wirtschaftlichen und vielleicht sogar politischen Zusammenhang auf westlichen Grundfesten errichten können (wie im alten Imperium Romanum mit deutlicher, an den Stufen der Integration zu messender Unterscheidung von Herrschern, auxiliarii d.h. Hilfsvölkern und Heloten), aber Europa wird unfähig sein, im Weltgefüge weiterhin eine eigenständige kulturelle Kraft auszuüben, solange die Europäer den mentalen Abgrund zwischen den beiden Hälften des Kontinents als gegeben hinnehmen. Im Jahr 1544 zeichnete der Theologe, Kosmograph und Humanist Sebastian Münster in Basel eine Karte als Frontispiz zu seinem Werk Cosmographia. In der gedanklichen Tradition eines Erasmus von Rotterdam wollte er Europa in einer Imagination als Jungfräuliche Königin darstellen, die sich mit ihrem Leib über den Kontinent erstreckt, wobei ihr Kopf die Iberische Halbinsel bildet, ihre Gliedmaßen jedoch weit nach Osten, bis nach Moskau und an den Ural reichen: Europa als irdische Entsprechung der weisheitsvollen Himmelskönigin, die jenseits der Konfessionen thront.[1] Doch schon in der damaligen Zeit -- vor Ausbruch der Religionskriege -- waren Identität und Grenzen Europas eine heiß umkämpfte Frage, denn die Römische Kirche beispielsweise sah Europa als Gefäß für den katholischen Glauben und für die romanità. (In ähnlicher Weise verbreitet die heutige Europäische Union mit ihrem Vatikan auf Abruf -- der Europäischen Kommission -- ein standardisiertes und steriles Gesellschaftsmodell.) Überspitzt formuliert: Die Arterien der Königin Europa sind noch immer verstopft, das Blut der Venen ist verbraucht. Ihr Kopf ist von den Gliedmaßen abgeschnürt, der Stoffwechsel zusammengebrochen. In der Brust schlägt kein lebendiges Herz, die verbleibenden Lebensfunktionen rühren aus dem elektrifizierten Hirn, das an transatlantische Kathoden angeschlossen ist und von dort steuernde Reizsignale empfängt. In die Realität übertragen, zeigt sich dieses Bild an der gegenwärtigen Zerstörung einer der ältesten europäischen Kultur- und Handelswege: dem Flußlauf der Donau. Der gesamte Verkehr entlang der Donau ist seit dem Beginn der Nato-Bombardements auf Jugoslavien im März 1999 unterbrochen -- mit katastrophalen wirtschaftlichen Folgen für die Anrainerstaaten von Ungarn bis Bulgarien. Die Blockade der Donau ist ein tragisches Symptom für die neue Wunde, die den Leib Europas durchzieht und an der Europa als ein geistig-kulturelles Gebilde in den nächsten zwei Generationen zugrundegehen könnte, solange es nicht genug Menschen gibt, die es sich zur Aufgabe setzen, an der Heilung dieser Wunde zu arbeiten. Ansonsten würde eintreffen, was Baron Melchior von Grimm bereits zu Sylvester 1790 niederschrieb: »Zwei Reiche werden [...] alle Vorteile des Geistes, der Wissenschaften, Künste, Waffen und Industrie unter sich teilen: Rußland von der östlichen Seite und Amerika, in unseren Tagen freigeworden, auf der westlichen, und wir anderen Völker des Kerns Europas, wir werden zu degradiert, zu erniedrigt sein, um durch eine vage und stupide Tradition etwas anders zu wissen als das, was wir gewesen sind.«[2] Aus westlicher, transatlantischer Sicht besteht ein fundamentales Interesse an der Vertiefung der wirtschaftlichen und militärischen Bande zwischen Nordamerika und (West-)Europa, die im Sinn der 1995 in München ausformulierten Transatlantischen Agenda eines nicht allzu fernen Tages auch kulturelle und politische Belange miteinbeziehen sollen. Diese gemeinsame Ziel wurde der amerikanischen Öffentlichkeit zum erstenmal Anfang 1917 unterbreitet, als der damals junge Journalist Walter Lippmann seine Landsleute dazu motivieren wollte, auf Seiten der Alliierten den Mittelmächten (Deutsches Reich und Österreich-Ungarn) den Krieg zu erklären. Lippmann schrieb damals von der Entstehung einer neuen, »westlich-atlantischen« Wertegemeinschaft: »An den Ufern des atlantischen Ozeans ist ein fest geknüpftes Interessengeflecht entstanden, das die westliche Welt verbindet. Britannien, Frankreich, Italien, sogar Spanien, Belgien, Holland, die skandinavischen Völker und Pan-Amerika sind im großen und ganzen in ihren tiefsten Bedürfnissen und ihren tiefsten Absichten eine einzige Gemeinschaft. Sie teilen ein gemeinsames Interesse für den Ozean, der sie vereinigt. Heute sind sie viel untrennbarer verbunden, als es die meisten zum gegenwärtigen Zeitpunkt erkennen. [...] Indem wir zeigen, daß wir [die USA] jetzt und in der theoretischen Zukunft bereit sind, die westliche Welt zu verteidigen, würden wir den Grundstein der Föderation legen.«[3] Ziel des Krieges sei es, Deutschland in diese 'Atlantische Gemeinschaft' »zurückzuzwingen«, der es eigentlich angehöre -- anders als seine slavischen Nachbarn. Die einstmalige Verwirklichung der 'Atlantischen Gemeinschaft' blieb ein Ziel, daß viele Staatsmänner der westlichen Hemisphäre im 20. Jahrhundert nie aus den Augen verloren. Und so versuchte man, den Gedanken nach dem Fall des Eisernen Vorhangs von neuem in der öffentlichen Meinung zu verankern, da die Sorge bestand, daß die Europäer (und zuvorderst die Deutschen) in der Zeit nach dem Kalten Krieg nach einer neuen Rolle im Weltzusammenhang suchen würden. Weil die Nato den Sinn und Zweck ihrer Existenz zu verlieren schien, fürchteten die Atlantisten den Rückfall der amerikanischen Öffentlichkeit in den politischen Isolationismus und damit die Auflösung der bereits bestehenden transatlantischen Bande. In diesem Sinn forderte Brian Beedham im September 1990 in der britischen Wochenzeitschrift The Economist: »Auf der europäischen Seite wird die Akzeptanz vonnöten sein, daß das neue Gebilde, welches Europa zu schaffen versucht -- sei es letzten Endes in Form einer Föderation, Konföderation oder weniger -, Teil eines anderen, größeren, loseren Gebildes sein wird, welches Nordamerika mit einschließt. Das wird nicht nach dem Geschmack von Europäern sein, die Europa umformen wollen, um sich von Amerika abzuheben. Mit etwas Glück wollen die meisten Europäer solch ein Europa nicht.«[4] Natürlich sind diese engen Bande zwischen dem westlichen Europa und Nordamerika eine Realität, aber sie können im Weltgefüge nur dann fruchtbar wirken, solange Europa eine eigenständige spirituelle Identität bewahrt und nicht vollständig von der Westhemisphäre aufgesogen wird; es wird in erster Linie an den Europäern selbst liegen, ob sie den sich gegenwärtig vollziehenden kulturellen Verlust überhaupt bemerken und noch die innere Kraft besitzen, eine geistig-kulturelle Erneuerung anzustreben. Der Ausgang ist durchaus ungewiß... Das atlantische Gebilde kann sich nach Ansicht der Atlantisten jedenfalls ungleich kraftvoller entwickeln, wenn nach Osten hin eine klar definierte Kulturgrenze besteht -- jene Grenze, die aus ähnlichen Erwägungen schon während der Gegenreformation von Rom verwendet wurde, um Europa in ein rekatholisiertes Bollwerk, antemurale christianitatis, umzuwandeln. Schon seit Beginn des 20. Jhs. waren sich die Anhänger des atlantischen Gedankens darüber einig, daß weder die Sowjetunion noch ein »freies« Rußland Teil des Gebildes sein könnte. Im Gegenteil -- es war wichtig eine kulturelle und soziale Polarität zwischen der anglo-amerikanischen und der ostslavischen Sphäre zu schaffen und aufrechtzuhalten, die wie ein Naturgesetz bei der Entwicklung von Zivilisationen funktionieren sollte -- ähnlich den zwei Polen eines Stabmagneten. Bereits im Jahr 1900 formulierte die US-amerikanische Zeitschrift The Outlook einen Standpunkt, der unter anglophonen Staatsmännern der damaligen Zeit -- etwa Theodore Roosevelt und Lord Salisbury -- verbreitet war: »So wie die Grundfrage der Vergangenheit zwischen angelsächsischer und lateinischer Kultur ausgetragen worden ist, so wird die Grundfrage der Zukunft zwischen der angelsächsischen und der slavischen Kultur ausgetragen.«[5] Diese Feststellung wurde von Winston Churchill 1932 in einem Vortrag in den USA der Zeit angepaßt und umformuliert: »Die beiden entgegengesetzten Kräfte der Zukunft [...] seien die englischsprachigen Völker und der Kommunismus«[6] Und der 'Vater der Geopolitik' Halford Mackinder schrieb 1904 über das zarische Rußland, als er die polare Gegenüberstellung zwischen Seemacht (die englischsprachige Welt) und Herzland (Rußland) verdeutlichen wollte: »Rußland ist mehr oder weniger abseits, unzugänglich für den Welthandel. Rußland kann unmöglich mit dem Westen verschmolzen werden. [...] Rußland ersetzt das Mongolische Weltreich. [...] Global gesehen nimmt es die zentrale strategische Stellung ein, die Deutschland in Europa besitzt.«[7] Man greift in westlichen Kreisen gerne zu dem sogenannten 'Testament
von Peter dem Großen', einer Fälschung aus den Napoleonischen
Kriegen, um auf den 'ewigen', Rußland seit der Herrschaft des
Zaren Peter des Großen quasi innewohnenden antiwestlichen Imperialismus und der damit
verbundenen Notwendigkeit der Annexion seiner Nachbarn zu verweisen.
Die Nationalsozialisten konnten das Testament genauso für ihre
Propaganda gebrauchen, derzufolge sie lediglich das Abendland
vor den asiatischen Horden zu schützen versuchten[8], wie es nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs westliche Staatsmänner
taten. Beispielsweise US-Präsident Truman, für den das Testament ein wesentliches Argument darstellte,
um den Kalten Krieg in Gang zu setzen, oder Sicherheitsberater
Zbigniew Brzezinski.[9] »daß man in der Welt nur dann etwas erreicht, wenn man zwei Strömungen gegeneinanderstellt und aus den großen erkannten historischen Entwicklungsströmungen über beide herrschend bleibt.«[10] Mit Blick auf britische Interessen kleidete ein Schüler Lord Alfred Milners, John Dove, von 1921-1934 Herausgeber der einflußreichen politischen Lobby-Zeitschrift The Round Table, diese Einsicht in die klugen Worte: »Man kann eine Weltenströmung nicht eindämmen. [...] Alles, was wir tun können, ist zu versuchen, die Flut in den besten Kanal zu lenken«[11], nämlich in einen solchen, der am effektivsten den eigenen Interessen zuarbeitet. Natürlich wurden derartige, mehr oder weniger verhüllte Intentionen stets auch von Menschen in Rußland aufgegriffen; sie gaben jenen Stimmen Auftrieb, die die Ansicht vertraten, daß der lateinische Westen dem inneren Leben des Landes nur feindlich gesonnen sei, daß Rußland seinen Weg finden müsse, ohne zu stark vom kulturellen und sozialen Leben des 'Westens' beeinflußt zu werden. Bald nach ihrem Erscheinen im Jahr 1993 stießen Samuel Huntingtons Thesen vom unaufhaltsamen »Zusammenprall der Kulturen« (Clash of Civilizations) auf Widerhall unter denjenigen russischen Intellektuellen, die sie als einen unverblümten Ausdruck der amerikanischen Intentionen werteten[12] oder die der 'eurasischen Idee' zuneigten, der zufolge Rußland weder zu Europa noch zu Asien oder zu einer Mischung von beiden gehöre, sondern eine eigene, organisch in sich abgeschlossene Kulturwelt bilde: Eurasien (Evrazija). Rußland und das religiöse, kulturelle, politische und soziale Leben seiner Bewohner seit Anbeginn eng mit den angrenzenden zentral- und ostasiatischen Kulturen verbunden gewesen seien und nur gemeinsam mit letzteren ihre geschichtliche Erfüllung finden könnten. Die Kultur Europas hingegen, an der auch die Westslaven teilhatten, sei dem inneren Wesen des Russentums fremd, ja schädlich.[13] Radikale wie Aleksandr Dugin betrachten dabei den vorgeblichen jahrhundertealten Kampf zwischen Eurasiern und Atlantisten um die Weltherrschaft als okkultes Gesetz der Menschheitsentwicklung.[14] Was bedeutet das alles für Europa und die Europäer? Sollten die europäischen Länder eine eigenständigen Dialog mit Rußland aufnehmen, oder sollten sie sich auf die Führungsrolle der USA verlassen, die ihnen die Richtung des Diskurses weist? Zumindest trifft die amerikanische Außenpolitik Vorkehrungen, daß der Grad der europäischen Eigenständigkeit nicht das tolerierte Maß überschreitet; gerade im Fall Deutschlands wird besonders genau auf die Art und Tiefe der bilateralen Beziehungen geachtet.[15] Rußländische[16] Beobachter zeigten sich 1996 besorgt, daß die Absicht der USA, die Nato-Osterweiterung voranzutreiben, auch dazu diene, »die sehr wahrscheinliche zukünftige Annäherung zwischen den Deutschen und den Russen auf der Grundlage einer Opposition gegen die USA zu verhindern -- Annäherung nicht auf einer ideologischen, sondern auf einer pragmatischen politischen und kommerziellen Grundlage. Kurz gesagt, die Intention, Deutschland im Osten mit einem Halbkreis von neuen Nato-Staaten zu umgeben, erklärt sich [...] durch [...] den Versuch, über Deutschlands Ostpolitik eine Kontrolle auszuüben.«[17] Kriege werden weiterhin nicht nur deshalb geführt, um Moral oder Menschenrechte durchzusetzen -- indem man 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' zu verhindern sucht (und sie dabei mit auslöst, wie die Nato in Kosovo) oder 'islamistischen Terrorismus' zu bekämpfen vorgibt (und ihn erst züchtet, wie die rußländische Armee in Tschetschenien), sondern auch, weil sie günstigenfalls bestimmte geopolitische und strategische Interessen vorantreiben und die öffentliche Meinung in einer Art und Weise formen können, daß letztere diesen Interessen zusätzlich dient. Das ist eine alte, wenn auch zynische Einsicht, die etwa der Jesuit und Gegenreformator Giovanni Botero 1589 in Della Ragion di Stato in dem Satz ausdrückte: »Militärische Unternehmungen sind das geeignetste Mittel, ein Volk zu beschäftigen, denn nichts erweckt sein Interesse so sehr wie ein wichtiger Krieg.«[18] Wer Botero und sein Umfeld kennt, dem werden die Parallelen zu heute noch augenfälliger. Gelehrte Publizisten vom Schlag eines Huntington oder Brzezinski haben jedenfalls eine lange, illustre Ahnenreihe. Aus der Sicht der Ost-West-Beziehungen ist beiden Kriegen, auf dem Balkan und im Nordkaukasus, jeweils gemeinsam, daß sie von professionellen 'Identitätsstiftern' instrumentalisiert wurden, um Gesellschaften zu mobilisieren, welche ihrer politischen Führung zunehmend das Vertrauen entziehen und immer häufiger ernste Zweifel erheben, wenn einseitig-manipulativen kulturellen Identitäten und Wertvorstellungen das Wort geredet wird. So klagte Ende November 1994 ein westlicher Kommentator angesichts der Katastrophe in Bosnien-Hercegovina und des Versagens des Westens: »Die Nato [...] braucht dringend einen gemeinsamen Feind, und es ist sinnlos, zu behaupten, daß die Serben diese Rolle erfüllen könnten. Bosnien ist verloren, und das ist möglicherweise auch die Nato. Nur eine erneuerte russische Bedrohung kann sie retten [...].«[19] Damit traf er auf seine Weise den Nagel auf den Kopf, und jeder rußländische Offizier aus alter sowjetischer Schule hätte diese Aussage in umgekehrter Bedeutung gerne unterschrieben. Die korrupte rußländische Oligarchie braucht dringend einen Feind, um sich an der Macht zu behaupten, und nichts ist da wirkungsvoller -- Sam Huntington würde dem zustimmen[20] -, als alte Ängste und Vorurteile zu schüren -- im Fall der Russen die Antipathien gegen die kaukasischen Völker und die Furcht vor dem Islam. Die rußländische Öffentlichkeit war durch die fünf furchtbaren Bombenanschläge vom letzten Sommer, in denen in Städten wie Moskau und Volgodonsk nahezu 300 Menschen starben, zutiefst beunruhigt. Fast alle politisch Verantwortlichen sahen tschetschenische Guerrillas als Urheber der Attentate, obwohl sowohl Separatistenführer Schamil Basajev als auch der tschetschenische Präsident Aslan Maschadov eine Beteiligung von Tschetschenen abstritten. Die rußländischen Behörden wiederum taten alle Mutmaßungen als absurd ab, die den Verdacht äußerten, daß andere Gruppierungen mit politischen oder kriminellen Motiven hinter den Anschlägen stecken könnten, beispielsweise der eigene rußländische Geheimdienst FSB.[21] Mit Blick auf die bereits feststehende Nachfolge Präsident Jel'cins und die bevorstehenden Parlamentswahlen, konnte es opportun erscheinen, ein 'günstigeres' innenpolitisches Klima zu schaffen. In diesem Sinn stützten die meisten Tageszeitungen und TV-Stationen das Gerücht, tschetschenische Freischärler hätten die Bomben gelegt. Im September 1999 ging Rußlands bekanntester Kommentator Sergej Dorenko so weit, daß er meinte, die rußländische Armee solle »Tschechenien mit Flächenbombardements überziehen«. Auf diese Weise schüren die Mehrzahl der rußländischen Medien -- kontrolliert von der kleinen Oligarchen-Clique aus Politbonzen und business-meny -- Chauvinusmus und militante Fremdenfeindlichkeit innerhalb der Gesellschaft und ihrer zerbrechlichen demokratischen Institutionen.[22] Von der Innenseite des Spiegels her betrachtet, erfüllten die Interventionen der Nato in Bosnien-Hercegovina und in Kosovo 'praktischerweise' den Zweck, der westlichen Öffentlichkeit die Notwendigkeit einer starken und erneuerten Atlantischen Allianz auf drastische Weise vor Augen zu führen. Die beiden Tschetschenienkriege erfüllten einen ähnlichen Zweck für die rußländische Armee, und sie setzen die lange und blutige Tradition der Kaukasus-Kriege fort, die von den Zaren im 19. Jahrhundert jahrzehntelang auch in Hinblick auf die innenpolitische Situation geführt wurden. Rußländische Politiker spielen bisweilen auf eine Art 'stiller Übereinkunft' an, die mit dem Westen bestehe, wenn etwa die neue, in recht aggressiven Tönen gehaltene Militärdoktrin Vergleiche zu dem Vorgehen der Nato auf dem Balkan zieht und dabei zugleich das Verhalten des Westens als potentielle Bedrohung für den Fortbestand des Staates wertet.[23] Rußländische Teilnehmer des letzten Bilderberger-Treffens[24] in Sintra gaben zu erkennen, daß das Eingreifen der Nato in Kosovo der politischen Führung in Rußland den Eindruck vermittelt habe, es werde ihr damit grünes Licht für ein militärisches Vorgehen in Tschetschenien gegeben; die Nato werde jedenfalls nicht Moskau bombardieren, sollten rußländische Truppen in einer abtrünnigen Provinz der Föderation einmarschieren.[25] Ein Mann wie der derzeit amtierende Präsident Vladimir Putin erscheint dabei als geeigneter Interessensverwalter: Der Ex-KGB-Agent, lange Jahre in DDR stationiert, dessen spezielle Tätigkeitsfelder die Überwachung von Westkontakten und die illegale Aneignung westlicher Technologie waren, verkörpert die 'unbestechliche', technokratische Schicht des alten Imperiums, die schon in der Zeit der Perestrojka unter Gorbatschov darauf bedacht war, die sowjetische Gesellschaft und Wirtschaft zu modernisieren, ohne an den bestehenden Staats- und Machtstrukturen viel zu verändern. Der charakterlich farblose, aber als effizienter Sachkenner auftretende Putin hätte in China eine ähnliche Karriere gemacht. Nach all den Skandalen, mit denen die rußländische Öffentlichkeit bei zunehmender Verarmung in den letzten Jahren konfrontiert wurde, muß die herrschende Oligarchie dringend den Beweis erbringen, daß sie nicht einfach eine Schachfigur in den Machenschaften derjenigen westlichen Kreise ist, welche, wie Russen oftmals gerne annehmen, seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 die Entwicklungen auf dem Gebiet der Rußländischen Föderation kontrollieren und den Staat schwächen wollen. Dieser Verdacht -- natürlich ein Nährboden für wildeste Verschwörungstheorien -- ist leider nicht zur Gänze unbegründet. Bereits im Jahr 1919 wurde ein Unterausschuß des US-Senats mit dem Argument konfrontiert: »Warum sollte ein großes industrialisiertes Land wie Amerika die Entstehung und den sich daraus ergebenden Wettbewerb eines weiteren großen industrialisierten Rivalen wünschen? Stimmen nicht die Interessen Amerikas in dieser Beziehung mit dem langsamen Entwicklungstempo überein, daß Sowjetrußland für sich selber vorsieht?«[26] Seit dem finanziellen Zusammenbruch im letzten Jahr ist wohl deutlich, daß sich Rußlands Wirtschaft keineswegs auf dem Weg der Gesundung befindet -- ganz im Gegenteil. Während man zustimmen muß, daß die Hauptverantwortung für die Situation bei dem seit Jahren unzurechnungsfähigen Präsident Jel'cin und seinen mehr oder weniger korrupten Regierungen zu suchen ist, sind dennoch die USA und der Internationale Währungsfond an der Misere nicht ganz unbeteiligt, da sie Rußland dazu drängten, der Washingtoner Übereinkunft zuzustimmen, und dadurch die Annahme eines Wirtschaftsprogramms durchsetzten, das der Situation im Land nicht gerecht werden konnte. Warnende Stimmen im Westen, die von Anfang an auf die mangelnde Eignung des Programms (zuvorderst wegen nicht vorhandener adäquater Strukturen) und auf die Gefahr einer sozialen Katastrophe mit unübersehbaren Konsequenzen verwiesen hatten, wurden ignoriert. Zudem forderten insbesondere die USA, Großbritannien und Deutschland im geringeren Maß die anderen Regierungen der G7-Gruppe, von Rußland die Fortsetzung der eingeschlagenen Wirtschaftspolitik, als bereits deutlich war, daß sie nicht die gewünschte Wirkung haben würde.[27] Man pflegte einen herablassenden Ton und machte die Beziehungen zu ausschließlich von der Gestalt Jel'cins abhängig, der in seinen Entscheidungen unterdessen zunehmend außengesteuert wirkte. Man unterstützte ferner Politiker, die in der Bevölkerung gelinde gesagt nicht gerade populär waren. Alle Schönredner aus westlichen Eliteuniversitäten schwiegen schließlich am 17. August 1998, als das Land finanziell zusammenbrach, was eine wachsende Anzahl von Rußländern nur in der Ansicht bestärken konnte, daß es der Westen darauf angelegt hatte, ihr Land gänzlich zu zerstören. Selbsterkenntnis wird in Rußland dadurch im Keim erstickt; alle emotionale Kraft wird einseitig in die unverschuldete Opferrolle gelegt -- die Parallelen zur deutschen Gesellschaft in der Weimarer Republik sind leider allzu offensichtlich. Eine New Yorker Investment-Bank mit engen Kontakten zum amerikanischen Finanzministerium, Goldman Sachs & Co., war tief in den wirtschaftlichen Zusammenbruch Rußlands verwickelt. Wie die New York Times berichtete, wurde »Goldman unter ihrem Geschäftsführer, dem späteren US-Finanzminister Robert Rubin, im Jahr 1992 zum Bankberater der neuen Regierung unter Boris Jel'cin ernannt, um bei der Beschaffung von ausländischen Investitionen behilflich zu sein. Doch das Geschäft lief zäh, und Goldman zog sich 1994 vollständig aus Rußland zurück, sehr zum Ärger einiger altgediener rußländischer Offiziellen, wie Banker meinten. Als aber die rußländischen Märkte zwei Jahre später zu gesunden begannen, war Goldman prompt wieder zur Stelle und schrieb Schecks auf Übergangsanleihen aus, als Vorspiel für gewinnträchtiges Investment-Banking. Goldmans Bereitschaft, spektakuläre Anleihen zu gewähren, stärkte in Rußland die Zuversicht, daß Wall Street kaum den Geldhahn abdrehen werde, und daß sogar Firmen mit dubiosen Bilanzen mit einem ausländischen Geldstrom rechnen konnten.«[28] Finanzminister Rubin setzte sich damals massiv für große Kredite an Rußland ein. Sein Verbundenheit mit Goldman Sachs wirft die Frage auf, welcher Art seine Rolle in dem ganzen Geschehen wirklich war. »Ferner beklagen Investoren, darunter große Investitions- und Risikofonds, daß Goldman gegenüber der rußländischen Regierung so sehr die Bereitschaft unter Beweis stellen wollte, Versicherungsrisiken zu zeichnen, daß Goldman den internationalen Markt für rußländische Obligationen in den letzten Wochen überschwemmte, bevor das Land in Zahlungsverzug geriet«, so die New York Times weiter. Goldman Sachs hatte es schon früh auf Firmen abgesehen, die »von den Oligarchen kontrolliert wurden, den Geschäftsmännern, die den überwiegenden Teil der Großindustrie des Landes in der Hand haben.« Aufgrund von Goldmans großzügiger Unterstützung der rußländischen Menatep-Bank besteht eine Verwicklung in den sogenannten »Bank von New York Skandal«, in dem durch Angehörige der Oligarchen-Schicht von Ende 1996 bis August 1999 mindestens 6,5 Milliarden US$ über Menatep aus Rußland auf private Konten der Bank of New York geschleust wurden. Fritz Ermath, ein ehemaliger höherer Mitarbeiter der CIA, beschuldigte in diesem Zusammenhang die amerikanische Regierung, daß sie die Gefahr und Bedrohung, die die Korruption auf höchster Ebene für die innere Stabilität Rußlands darstellt, beständig ignoriert habe.[29] Letztlich wiederholen die versteckten Interessen hinter dem ganzen Zyklus von Krediten, Zahlungen, Schwarzkonten und Geldwäsche leider ein Muster, welches schon in den 20er und frühen 30er Jahren in Kontinentaleuropa bis zum bitteren Ende aufrechterhalten wurde -- mit furchtbaren Resultaten.[30] Und schließlich steht hinter dem Krieg in Tschetschenien, der natürlich nicht zuletzt unter diesem Gesichtspunkt geführt wird, das geopolitische Ringen zwischen Ost und West um die Zukunft der transkaukasischen Pipelines, »ein verwickelter und multilateral geführter Wettstreit um Einfluß über das wichtigste Niemandsland nach dem Kalten Krieg, das energiereiche Gebiet Zentral- und Südwestasiens, das sich von Arabien bis zur Grenze Kasachstans mit China erstreckt«.[31] So definierte es im Mai 1998 Brian Beedham, Redakteur des Economist, in einem Vortrag im Rahmen des von der Neuen Atlantischen Intiative[32] veranstalteten Kongresses von Istanbul, wo er sich für ein offensives atlantisches Militärbündnis, a standing alliance, einsetzte. In einer Hommage an Rudyard Kipling sprach er von dem »Großen Spiel, zweite Runde. [...] Die Schlacht der Pipelines hat begonnen. Sie wird in der Hauptsache mit Geld und politischem Druck ausgetragen werden, obwohl man mitunter auch härtere Mittel wird verwenden müssen. Und wenn die Pipelines, die sich letztlich durchsetzen werden, errichtet sind, müssen die Gewinner der Schlacht ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Region richten, damit die dortigen Politiker nicht den Schmeicheleien -- und Drohungen -- erliegen, die von den Ländern ausgehen werden, die die Pipelines nicht bekommen. Dieses multilaterale Tauziehen um Zentralasien wird eine langwieriges, kompliziertes Geschäft.« Führend in diesem Geschäft, das sich zur Zeit noch in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku am Westufer des Kaspischen Meeres konzentriert, ist der anglo-amerikanische Ölkonzern BP-Amoco, der sich bei US-Präsident William Clinton für seine diplomatischen Bemühungen um Aserbaidschan, die er gegen das pro-armenische Lager im Kongreß durchgesetzt hatte, mit großzügigen Spenden an die Demokratische Partei bedankte (-- das mag einem bekannt vorkommen...).[33] Da Rußlands eigene Pipeline Baku-Novorossijsk, die über tschetschenisches Gebiet führt, nach einem von Unbekannten am 14. Juni 1999 verübten Sprengstoffanschlag stillgelegt wurde[34], ferner die Tschetschenen die ihnen im »Großen Spiel« zugedachte Rolle als Rebellen und Unruhestifter erfolgreich durchzuhalten scheinen, hat sich die Waagschale in der Frage, welche Route für den zukünftigen Pipelinebau verwendet werden soll, zugunsten der von den USA bevorzugten Streckenführung gesenkt. Sie führt von Baku über Georgien nach Ceyhan am türkischen Mittelmeerufer. Rußland würde dabei leer ausgehen. Vor drei Jahren schrieb US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski: »Ein unabhängiges Azerbaidschan, daß durch Pipelines an die westlichen Märkte angeschlossen ist, die nicht durch von Rußland kontrolliertes Gebiet führen, kann für die fortgeschrittenen und energieverbrauchenden Wirtschaftsländer[35] auch zur Hauptverkehrsverbindung zu den energiereichen zentralasiatischen Republiken werden.«[36] Brzezinski spricht solche Empfehlungen natürlich nicht unbefangen aus, wird er doch seit einigen Jahren -- wie die früheren Außenminister James Baker (USA) und Malcolm Rifkind (Großbritannien) oder der frühere britische Energieminister Tim Eggar -- für seine fachmännischen Beraterdienste (und für die Bearbeitung der 'öffentlichen Meinung') von BP Amoco bezahlt. Man muß in jedem Fall davon ausgehen, daß in der Vorstellungswelt der oligarchischen Neo-Machiavellisten in Ost und West weder Platz für ein kulturell eigenständiges Europa ist, das die Wunden zu heilen versucht, die es sich selbst und der Welt im vergangenen Jahrhundert zugefügt hat, noch für Europäer, welche nach einer Balance zwischen den großen Weltpolen streben und die Zukunft der Jungfräulichen Königin weniger in wirtschaftlich-militärischer Potenz sehen, als vielmehr in der Entwicklung von Ideen und Initiativen, durch die Europa von der übrigen Welt als geistiger Vermittler geachtet werden kann -- in Abwandlung eines alten Satzes von Frantisek Palacky: »Wahrlich, existierte der europäische Kulturverband nicht schon längst, man müßte im Interesse der Welt, im Interesse der Humanität selbst sich beeilen, ihn zu schaffen.« Aber werden wir Europäer diese uns innewohnende Notwendigkeit im kommenden Jahrhundert be- und ergreifen? Oder wird Europa als eigenständiges Geist-Gebilde vergehen? Das würde auch für die Entwicklung Rußlands sehr schwerwiegende Folgen haben. |
[1] La nascità dell'Europa. Per una Storia delle idee fra Italia
e Polonia. Hrsg. v. Sante Graciotti. Firenze 1995, S. 47-51. [2] In einem Brief an die rußländische Zarin Katharina II., selbst preußischer Herkunft, vom 31. Dezember 1790. Dieter Groh: Rußland im Blick Europas. 300 Jahre historische Perspektiven. Frankfurt/M. 1988, S. 98. [3] The Defense of the Atlantic World. 'The New Republic' vom 17. Februar 1917; in: Walter Lippmann: Early Writings. New York 1970, S. 74f [4] Sonderteil Survey Defence. In: The Economist, 1.-7. September 1990, S. 10f. [5] »As the issue of the past was between Anglo-Saxon and Latin civilization,
so the issue of the future is between Anglo-Saxon and Slavic civilization.«
Zit. nach Bradford Parkins: The Great Rapprochement: England and the United States, 1895-1914.
New York 1968, S. 77. [6] »The two great opposing forces of the future (...) would be the
English speaking peoples and Communism«. Zit. nach Fraser J. Harbutt:
The Iron Curtain. Churchill, America, and the Origins of the Cold
War. Oxford 1988, S. 17, 24. [7] Zit. nach Halford J. Mackinder: The Geographical Pivot of History. Geographical Journal 23 (1904). Vgl. W. H. Parker: Mackinder. Geography as an Aid to Statescraft. Oxford 1982, S. 156, 436. [8] Diese Mär ist leider auch unter so manchen Anthroposophen verbreitet.
Die geistige Realität ist vielmehr, daß erst das Phänomen Hitler
dem Bolschewismus das Tor nach Mitteleuropa öffnete, so wie Napoleon
durch seinen Feldzug nach Osten letztlich den zarischen Truppen
den Weg nach Paris ebnete. [9] John Garry Clifford: President Truman and Peter the Great's Will. Diplomatic History 4 (1980), S. 371-385; Gabriele Camphausen:
Antisowjetische Propaganda im Kriegsjahr 1941. Das »Testament«
des Zaren Peters des Großen. Forschungen zur osteuropäischen Geschichte 48 (1993), S. 37-44;
Erwin Oberländer: Zur Wirkungsgeschichte historischer Fälschungen: Das »Testament«
Peters des Großen. Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 21 (1973), S. 46-60; Simone
Blanc: Histoire d'une phobie: «Le testament de Pierre le Grand». Cahiers du monde russe et soviétique 9 (1968), S. 265-293; Albert
Resis: Russophobia and the "Testament" of Peter the Great, 1812-1980.
Slavic Review 44 (1985), S. 681-693. [10] Ludwig Polzer-Hoditz: Der Kampf gegen den Geist, und das Testament Peter des Großen.
Stuttgart 1922, S. 70f. (Neuausgabe Dornach 1989). [11] »You can't dam a world current. [...] All that we can do is to
try to turn the flood into the best channel.« Letters of John Dove. Hrsg. v. R.H. Brand. London 1938, S. 102. [12] Cf. XXI vek: Konflikt civilizacii? [Das 21. Jahrhundert: Konflikt der Zivilisationen?]. Moskovskie
Novosti [Moskauer Nachrichten], Nr. 10 (6.-13. März 1994), S.
9a. [13] Ende der 80er Jahre waren es vor allen Dingen die Bücher des
Ethnologen Lev N. Gumiljov, die den 'Eurasismus' wieder populär
machten: Drevnjaja Rus' i velikaja step [Die alte Rus' und die große Steppe]. Moskva 1989; Ètnogenez i biosfera Zemli [Ethnogenese und die Biosphäre der Erde]. Moskva 1990; Ètnosfera. Istorija ljudej i istorija priroda [Ethnosphäre. Geschichte der Menschen und Geschichte der Natur].
Moskva 1993. [14] Den' [Der Tag], Nr. 15 (1993). Aleksandr G. Dugin: Osnovy geopolitiki Geopoliticeskoje buduscee Rossii [Grundlagen der Geopolitik. Die geopolitische Zukunft Rußlands]. Moskva 21999. [15] In der Tat: Preußens bzw. Deutschlands 'Partnerschaft' mit Rußland war ja alles andere als erquicklich, wenn man an Friedrich den Großen und Katharina, Bismarck und Alexander III., Hitler und Stalin denkt, oder an die durch Rapallo bedingte, nur als pervers zu bezeichnende Notgemeinschaft zwischen Reichswehr und Roter Armee in den Zwanziger Jahren Damals ließ u.a. der deutsche Industrielle Hugo Junkers in Fili bei Moskau eine große Flugzeugfabrik erbauen, wodurch in der Folge auch die Bildung einer sowjetischen Luftwaffe ermöglicht wurde. Und die rechten deutschen Militärs veranlaßten die Herstellung von Giftgas und Munition in Sowjetrußland, während sie die kommunistischen Landsleute auf den Straßen der Weimarer Republik niederschossen. [16] Im folgenden wird im Deutschen zwischen den Eigenschaftswörtern
rossijskij ('rußländisch') und russkij ('russisch') scharf unterschieden. 'Rußländisch' ist eine Ableitung
von Rossija ('Rußland') und umfaßt den politischen, staatsbürgerlichen Aspekt
der Vielvölker-Föderation. Rußland heißt offiziell Rossijskaja federacija, Rußländische Föderation, seine Bewohner sind unabhängig von ihrer
ethnischen Herkunft Rossijane, 'Rußländer'. 'Russisch', russkij, ist von Rus' abgeleitet und bezieht sich heute auf das engere, religiös, ethnisch
und sprachlich-kulturell verstandene Russentum als dem zahlenmäßig
größten Volk in der Föderation. Eine genaue Unterscheidung wäre
im deutschen Sprachgebrauch dringend angebracht, weil man ansonsten
von mancher Debatte über Identitäten innerhalb der Rußländischen
Föderation eine vollkommen irreführende Vorstellung vermittelt
bekommt. [17] G. Trofimenko: The U.S. National Interests and Russia. International Affairs, Moskau 42 (1996), S. 58. Man vergeiche
die dazu korrespondierende amerikanische Ansicht bei Zbigniew
Brzezinski: The Grand Chessboard: American Primacy and its Geostrategic Imperatives.
New York 1997, S. 56. [18] John R. Hale: Sixteenth-Century Explanations of War and Violence. Past & Present 51 (1971), S. 21. [19] Richard Cohen: Bosnia Is Lost and So, Probably, Is Nato. The Washington Post/International Herald Tribune, 30. November
1994. [20] Huntington: »Angesichts jedoch der innergesellschaftlichen Kräfte, die in Richtung von Heterogenität, Diversität, Multikulturalismus sowie von ethnischer und rassischer Teilung drängen, benötigen die USA, vielleicht mehr als die meisten Länder, ein gegnerisches Widerlager (an opposing other), um ihre Einheit aufrechtzuerhalten.« Samuel Huntington: The Erosion of American National Interest. Foreign Affairs 76:5 (Sept.-Okt. 1997), S. 32. [21] Diese Vermutung scheint sich langsam zu bestätigen. Vgl. Helen Womack: Russian agents 'blew up Moscow flats'. The Independant, 6. Januar 2000. [22] Vgl. auch Floriana Fossato: Russian Media Propagating Xenophobia in Society. Russia Today, 24. September 1999. [23] Interview mit Generaloberst Leonid Ivaschov. Krasnaja Zvezda
[Roter Stern], 10. Oktober 1999. Nezavisimaja Gazeta [Unabhängige
Zeitung], 5. November 1999. [24] Die Bilderberger-Gruppe existiert seit 1954 und organisiert ein
jährliches Treffen. Es handelt sich dabei um ein wenig bis gar
nicht publik gemachtes Forum der atlantistischen Elite aus Politik,
Finanz- und Wirtschaftswelt. Seine Bedeutung besteht darin, daß
dort offene Gespräche und Diskussionen zwischen verschiedenen
europäischen und nordamerikanischen Bankiers, Industriellen und
Politikern mit oder ohne Regierungsverantwortung stattfinden können,
einerseits um langfristige Planungen zu besprechen, andererseits
um auf internationaler Ebene Strategiepolitik zu koordinieren.
Vgl. als gründliche, wenngleich linkslastige Darstellungen: Peter
Thompson: Bilderberg and the West. Trilateralism: The Trilateral Commission and Elite Planning for
World Management. Hrsg. v. Holly Sklar. Montreal 1980; Mike Peters:
The Bilderberg Group and the project of European unification. Lobster, Nr. 32, Dezember 1996, S. 2-9. [25] Vertrauliches Bilderberger-Protokoll, 3.-6. Juni 1999 in Sintra, Portugal. Man darf die Möglichkeit nicht ausschließen, daß es
sich hierbei um eine bewußte Fälschung handelt. [26] U.S. Senate, Bolshevik Propaganda, Hearings before a Subcommittee
of the Committee on the Judiciary, 65th Congress 1919, S. 679ff. [27] Jacques Sapir: Le krach russe. Paris 1998; Jacques Sapir: Autisme occidental envers la Russie. Le Monde Diplomatique, Dezember 1999, S. 10; Michel Chossudovsky:
The Globalization of Poverty: Impacts of the IMF and World Bank
Reforms. London-New York 21998, S. 225-242. [28] The New York Times, 18. Oktober 1999. [29] Simon Marks: Moscow's Money Problems. Online News Hour, 15. September 1999. [30] Christopher Simpson: The Splendid Blond Beast: Money, Law, and Genocide in the 20th
Century. Monroe, Maine 1995. [31] The New Atlantic Intitiative (NAI) ist eine neue atlantistische Lobby-Initiative, die am 12.
Mai 1996 in Prag ins Leben gerufen wurde. Vgl. die interessante
Website. [32] Brian Beedham: The Atlantic Community in 2012: Three Scenarios. Vortrag auf der NAI-Tagung in Istanbul, 2. Mai 1998. [33] Man wird im Internet zahlreiche Studien zur Geschichte dieses
wichtigen Geschäfts finden, z.B.: David McKeeby: Caspian Dreams: A Case Study in Modern U.S. Foreign Policy Making. Center for Strategic and International Studies, Summer 1999; Pipe Dreams: The Struggle for Caspain Oil. The Washington Post Special Report, 4. Oktober 1999; Shebonti Ray Dadwa: Politics of Oil: Caspian Imbroglio; Ariel Cohen: U.S. Policy in the Caucasus and Central Asia: Building a new »Silk
Road« to Economic Prosperity. The Backgrounder Nr. 1132, 24. Juli 1997; U.S. Support for the Baku-Ceyhan Oil Pipeline: Statements; Jonathan Power: America's Push on the Caspian Pipeline is Not Good Sense for the
Oil Companies. 2. Dezember 1999; The Transnational Foundation for Peace and Future Research. [34] Vgl. RFE/RL Newsline, Jhg. 3, Nr. 117, Teil I, 16. Juni 1999. [35] Vgl. Matthew L. Wald: U.S. Dependence on Imported Oil Grows. The New York Times, 11. August 1997. [36] Zbigniew Brzezinski: The Grand Chessboard: American Primacy and its Geostrategic Imperatives. New York 1997, S. 47. |
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