|
Königsinvestitur von Ardasîr II. durch Ahura Mazdâ und Mithra
(od. Zarathustra?) |
1. UND HIER SIND WIR,
ob Herr oder Knecht,
einig in der Sehnsucht,
uns für dich zu vollenden.
Deine Zeugen wollen wir sein, o Gott,
deine heilig klaren Worte rufend
in allen Lärm.
2. Gott wirkt Geist,
Geist gibt Wahrheit,
Wahrheit gibt Freiheit,
Freiheit gibt Frommigkeit.
»lch will mit euch sein!«
spricht Gott.
3. Und dort seid ihr, aus
Selbstsucht geboren,
Geister des Bösen
und deren Propheten,
und du erster unter ihnen:
gleißende Lügen!
danach eure Taten!
In allen Zonen der Erde
weiß man davon.
4. Eure Macht habt ihr,
weil ihr den Menschen schmeichelt
und sie einwiegt im Angenehmen,
so werden sie müde der Arbeit an sich selbst
und taumeln fort
von Gott und seiner Pflicht.
5. Leben nennt ihr dies?!
Der Tod ist es eines wahrhaftigen Lebens.
Um die Ewigkeit bringt ihr sie
durch eure Zeitlichkeit.
Doch das Böse will es so,
es will Vernichtung.
6. Auf tausend Wegen schleicht es,
du allein, Gott, kennst sie alle.
Das Bessere und das Böse wird enden,
dann wird sich weisen, was gut war.
7. Auch der Weiseste unter uns
kann nicht richten.
Er lebt sein Leben,
die andern das ihre.
Gott allein weiß das Ende.
8. Auch der Heiligste hat seine Sünden.
War es nicht so mit Yima,
dem Sohne des Yivahvant,
der sonst so segensvoll wirkte?
Wie sollte auch ich frei davon sein?
9. Gott allein weiß, was richtig ist.
lch weiß nur, daß bei den Lehren jener
etwas erdrückt wird in meinem Herzen,
dan die Sehnsucht zum Guten
langsam erstickt wird,
und daß ich schreie nach Erlösung.
10. Darum nenne ich einen Irrlehrer,
wer zu Schanden macht, was mir das Tiefste ist,
wer mir meine Erde verdirbt
und mir den Blick zum Himmel wehrt,
wer die Klugen nur schlau macht,
sie nur irdischen Vorteil lehrt
und niederschlägt den, der mehr will.
11. Ach, sorgen sie denn
auch nur für irdisches Leben?
Ja, sie selbst leben, aber von der Armut der anderen,
indem sie die Menschen um ihren Lohn bringen
und durch ihr Tun
immer neue dazu verführen.
12. Sprachen nicht alle Propheten
aus solch bedrängtem Herzen wie ich,
loderte nicht in ihnen derselbe Zorn
gegen die Rotte,
welche die allen offene Erde
mit Satzungen und Rechtssprüchen verwehrt,
wie durch einen Zauber, den anderen?
In solche geklügelten Gesetze
hüllt sich jetzt Gruhma ein,
der Lügenkönig meiner Tage.
13. Nur dem Eigennutz dient er damit,
schlechte Triebe macht er noch schlimmer,
ein Mörder wahrhaft gütigen Lebens.
Und gemästet mit diesem Unrecht,
schmäht er aus seiner Wollust heraus
uns andre, die ihm wehren wollen.
14. Er bleibe, wie er ist,
das ist Strafe genug für ihn.
Aber laßt uns sorgen, daß er nicht weitergreife.
Sehet mit mir ein,
wohin ein solches Tun am Ende führen mun,
und diese Einsicht wird euch bewahren.
Macht uns die Erde wieder frei,
ein Opfer ist sie jetzt für Rasende.
15. Pfaffen und Adel engen das Leben ein,
aber mit dem Leben werden wir siegen.
Denn unser Leben ist mehr als Essen und Trinken:
Gerechtigkeit ist es,
und diese geht durch Himmel und Erde.
16. Von Gott holen wir uns unsere Kraft,
wer will wider uns sein?
Herr, gib mir Stärke in meinem Streben,
und verlasse mich nicht!
Du weißt, nur weil ich die Menschen liebe,
bete ich so.
Das Rufen des Zarathushtra (Die Gathas des Avesta).
Ein Versuch, ihren Sinn zu geben.
Jena: Eugen Diederichs 1924, S. 15-18
| Sophia | CeltoSlavica Home |