BÊMA-PSALM

 

Fest des Bema

Feier des Bêma
Manichäische Miniatur aus der Oase Turfan (Zentralasien)

 


 

Manichäischer Psalm No. 225 an den Geist der Wahrheit,
gesungen am Festtag des Bêma


 

VEREHREN WIR DEN Tröster-Geist!

Gelobt sei unser Herr Jesus,
der uns gesandt hat den Geist der Wahrheit.
Dieser kam und hat uns der Abirrung der Welt entrissen.
Einen Spiegel brachte er uns:
Hineinblickend erschauten wir darin das Universum.

Als der Heilige Geist kam, offenbarte er uns den Weg der Wahrheit.
Er lehrte uns die zwei Wesensnaturen,
die Wesensnatur des Lichtes und die der Finsternis.
Die Lichtnatur durchdringt die Dunkelnatur,
gleichwohl sind sie voneinander geschieden seit Anbeginn.

Verehren wir den Geist der Wahrheit!

Das Reich des Lichtes besteht aus fünf wesenhaften Größen,
die da sind der Vater und seine zwölf Äonen,
und die Äonen der Äonen,
der Lebensäther, das Land des Lichtes,
darin der große Geist weht, sie nährend mit seinem Lichte.

Verehren wir den Geist der Wahrheit!

Das Reich der Finsternis besteht aus fünf Bereichen,
die da sind Rauch, dunkle Feuerglut, Sturmeswind,
trübe Wasser und Stoffes-Finsternis.
Das Gedankenwesen, das in ihnen herumkriecht,
bringt sie in Bewegung und hetzt sie auf,
gegeneinander Krieg zu führen.

Gegeneinander Krieg führend wagten sie es,
das Land des Lichtes anzugreifen,
in dem Wahn, daß sie es besiegen könnten.
Doch sie ahnten nicht,
daß ihre Gedanken auf sie selbst zurückfallen würden.

Es gibt eine Vielheit von Engeln im Land des Lichtes,
welche die Macht haben, daraus hervorzugehen,
um den Feind des Vaters zu unterwerfen.
Es gefiel dem Vater, durch Aussendung Seines Wortes
die Rebellen zu unterwerfen, die sich gegen das erheben wollten,
was höher war als sie.

Er war gleich dem Hirten, der einen Löwen herankommen sieht,
mit der dunklen Absicht, seine Herde zu vernichten.
Klug gibt er ein Lamm als Köder preis,
um damit den Löwen zu fangen.
Und so rettet er durch ein einziges Lamm seine ganze Herde.
Danach heilt er auch das vom Löwen verwundete Lamm.

Dies geschah auch durch den Vater,
der Seinen starken Sohn sandte:
Dieser brachte aus sich die Jungfrau hervor, die Lebendige Seele,
die in sich fünf Kräfte barg,
auf daß sie die fünf Abgründe der Finsternis bekämpfe.

Der Wächter an den Grenzen des Lichtlandes
zeigte den fünf Schlünden die Jungfrau, Seine Lebendige Seele.
Da gerieten jene in ihren Abgründen in Aufruhr
und wollten die Lebendige Seele verschlingen
mit geöffnetem Maul.

Der Wächter begann, die Lebendige Seele auszubreiten
wie Netze über Fische,
sie drang wie reines Regenwasser in die Abgrundtiefen ein,
durchbohrte sie wie ein scharfer Blitz,
durchdrang ihre Eingeweide und fesselte sie alle.
Jene aber waren sich dessen nicht bewußt.

Als der Urmensch seinen Kampf
beendet hatte,
entsandte der Vater
Seinen zweiten Sohn.
Er kam, seinem Bruder aus dem
Abgrund empor zu helfen.
Er errichtete diese Welt
aus dem Gemisch,
welches enthält Licht und Finsternis.

Alle Kräfte des Abgrunds verteilte er
auf zehn Himmelsphären
und acht Erdschichten.
Er schloß sie ein in diesen Kosmos,
der so als Gefängnis dient
für alle Mächte der Finsternis.
Der Kosmos wurde zur Stätte der
läuternden Erlösung
der an die Finsternis hingeopferten, versunkenen Lebendigen Seele.

Sonne und Mond wurden geschaffen,
erhielten ihren Platz in der Höhe,
um die Lebendige Seele zu reinigen.
Was täglich geläutert wird, wird zur Höhe emporgehoben,
der Bodensatz wird hinabgestoßen auf die vermischte Welt.
So wird geschieden nach oben und unten.

Dieser Kosmos dauert ein bestimmtes Weltenalter.
Außerhalb dieser Welt wird jedoch ein großer Bau errichtet.
Zur Stunde, da der Baumeister sein Werk vollendet haben wird,
wird dieser ganze Kosmos aufgelöst und in Brand gesteckt,
damit das Weltenfeuer ihn verzehre.

Alles Leben, die im Raum verteilten Licht-Elemente,
werden sich sammeln und gemeinsam bilden eine Licht-Säule.
Der Gedanke des Todes aber, die Macht der Finsternis,
wird sich sammeln und sich formen
zu einem Schlackeklumpen der Archonten.

Es wird kommen der Moment,
da der Lebendige Geist herniederfährt,
den Lichtwesen beizustehen.
Die Gedankenwesen des Todes und der Finsternis aber
wird er verschließen in dem Bereich, der dazu geschaffen wurde,
damit sie darin gebunden seien auf ewig.

Nicht gibt es ein anderes Mittel, den Feind zu binden, als dieses.
Denn da die Finsternis dem Licht wesensfremd ist,
kann sie vom Licht nicht aufgenommen werden.
Und die Finsternis darf nicht in ihrem Reich verbleiben,
damit sie nicht einen weiteren, noch größeren Krieg beginne.
Ein neuer Äon wird errichtet werden anstelle der vergänglichen Welt,
auf daß die Kräfte des Lichtes in ihm herrschen.
Denn sie haben den ganzen Willen des Vaters vollbracht.
Sie haben die finstere Macht gebrochen und den Sieg errungen.

Verehren wir den Geist der Wahrheit!

Dies ist die Gnosis von Mani.
Laßt uns zu ihm beten und ihn preisen.
Heil jenem, der ihm Glauben schenkt!
Denn er wird leben mit allen Gerechten.

Verehren wir den Geist der Wahrheit!

Glorie und Sieg sei unserem Herrn Mani,
dem Wesensgefäß des Geistes der Wahrheit,
der aus dem Vater hervorgeht.
Enthüllt hat er uns Anfang, Mitte und Ende!

Verehren wir den Geist der Wahrheit!


Koptisch-manichäischer Psalm 233

A Manichaean Psalm-Book, part II
Ed. C.R.C. Allberry
Stuttgart 1938, S. 9-11


 

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