Titel



Kitezh

Aus dem Altrussischen übersetzt von Markus Osterrieder
Copyright 1995 CeltoSlavica




ES LEBTE DER heilige Großfürst Georgij Vsevolodoviè, ein Mann rechten Glaubens, ein Sohn des heiligen und fromm-rechtgläubigen Großfürsten Vsevolod, eines Wunderwirkers aus Pskov, der in der heiligen Taufe den Namen Gavriil empfing. Dieser heilige und fromm-rechtgläubige Großfürst Vsevolod war der Sohn des Großfürsten Mstislav und der Enkel des heiligen und apostelgleichen Großfürsten Vladimir von Kiev, des Selbstherrschers des rus'ischen Landes. Der heilige und fromm-rechtgläubige Großfürst Georgij Vsevolodoviè war also ein Urenkel des heiligen und fromm-rechtgläubigen Großfürsten Vladimir.

Und der heilige, fromm-rechtgläubige Fürst Vsevolod herrschte zuerst in Groß-Novgorod. Aber damals erhoben sich die Novgoroder gegen ihn und beschlossen unter sich: Unser Fürst, ungetauft, regiert über uns Getaufte. Und da bildeten sie eine Ratsversammlung, und sie gingen zu ihm und jagten ihn fort. Vsevolod aber kam nach Kiev zu seinem Großvater Jaropolk und erzählte ihm, wie er von den Novgorodern vertrieben worden war. Als dieser davon vernahm, verlieh er Vsevolod die Herrschaft über Vy¹gorod. Und da wurde letzterer von den Pskovern gebeten, als Fürst über sie zu regieren, und er kam in die Stadt Pskov. Und nach einer Weile nahm er die Gnade der heiligen Taufe an, und in der heiligen Taufe empfing er den Namen Gavriil. Und er verweilte in strengem Fasten und in Enthaltsamkeit, und nach Ablauf eines Jahres ging er in den ewigen Frieden ein, im Jahre 1163, am 11. Tag des Monats Februar. Und er wurde bestattet von seinem Sohn, den fromm-rechtgläubigen Großfürsten Georgij. Und seine heilige Gebeine bewirkten viele Wunder zur Verherrlichung und Lobpreisung Christi, unseres Gottes, und aller Heiligen. Amen.

Nach dem Ableben seines fromm-rechtgläubigen Vaters, des Fürsten Vsevolod, der in der Taufe den Namen Gavriil empfangen hatte, verweilte der heilige und fromm-rechtgläubige Fürst Georgij Vsevolodoviè auf Bitten der Pskover in der Stadt. Dies geschah im Jahre 1163. Da geruhte es dem heiligen und fromm-rechtgläubigen Großfürsten Georgij Vsevolodoviè, sich zu dem fromm-rechtgläubigen Fürsten Michail von ernigov zu begeben. Und als der Fürst Georgij zu dem fromm-rechtgläubigen Fürsten Michail kam, da verneigte er sich vor dem fromm-rechtgläubigen Fürsten Michail und sprach: "Gesundheit und ein langes Leben mögen dir zuteil werden, o fromm-rechtgläubiger Großfürst Michail, der du glänzt in Frömmigkeit und im christlichen Glauben, in allem gleichst du unserem Urahn und unserer Urahnin: der fromm-rechtgläubigen Großfürstin, der Christus-liebenden Ol'ga, welche den kostbarsten und größten Schatz erwarb -- nämlich Christus und den Glauben Seiner heiligen Propheten und Apostel und heiligen Väter --, und dem fromm-rechtgläubigen und apostelgleichen Zaren Konstantin, unserem Vorfahren."

Und es sprach zu ihm der fromm-rechtgläubige Fürst Michail: "Gesundheit werde auch dir zuteil, o fromm-rechtgläubiger Großfürst Georgij Vsevolodoviè, der du zu mir kamst mit frommer Zuneigung und neidlosem Auge. Was trug doch der Neid unserem Ahnen Svjatopolk ein, welcher die Macht begehrte und seine Brüder erschlug, die fromm-rechtgläubigen und großen Fürsten! Er befahl, Boris mit dem Speer zu durchbohren, Gleb mit dem Messer zu erstechen, im Jahre ihrer fürstlichen Herrschaft. Schmeichelnd betrog er sie, auf satanische Einflüsterung hin, als ob die Mutter der Tod ereile. Jene aber, gleich sanftmütigen Lämmern, taten es ihrem frommen Hirten Christus gleich: sie erhoben sich nicht gegen den Bruder, ihren Feind. Der Herr aber verherrlichte Seine heiligen Gerechten, die fromm-rechtgläubigen Fürsten und großen Wunderwirker Boris und Gleb."

Und die Fürsten Georgij und Michail umarmten sich mit dem Bruderkuß und feierten ein geistliches Fest und freuten sich darob. Und es sprach der fromm-rechtgläubige Großfürst Georgij zu dem fromm-rechtgläubigen Fürsten Michail: "Gib mir eine geschriebene Vollmacht, auf daß ich an den befestigten Orten unserer Rus' Gottes Kirchen errichte und Städte." Und der fromm-rechtgläubige Großfürst Michail sprach zu ihm: "Ganz wie es dir beliebt, so gründe auch Gottes Kirchen, um den heiligen Namen Gottes zu verherrlichen und zu lobpreisen. Für diese gute Absicht wirst am Tag der Wiederkunft Christi den Lohn erhalten."

Und sie feierten viele Tage lang. Und als sich der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij entschloß, in sein Lehen zurückzukehren, da befahl der fromm-rechtgläubige Fürst Michail, man solle einen Brief verfassen, und er setzte sein Siegel auf das Schreiben. Und als der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij in sein Vatererbe und seine Stadt ritt, da entließ ihn der fromm-rechtgläubige Fürst Michail unter großen Ehren und begleitete ihn. Und als sich beide Fürsten schon auf dem Weg befanden und einander zum Abschied umarmten, da überreichte der fromm-rechtgläubige Fürst Michail das Schreiben. Der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij nahm den Brief vom fromm-rechtgläubigen Fürsten Michail entgegen und verneigte sich vor ihm.

Und der Fürst Georgij ritt durch die Städte, und als er im Jahr 1164 nach Novgorod kam, da befahl er, eine Kirche zu erbauen, die dem Fest des Entschlafens unserer heiligen Herrscherin, Gottesgebärerin und ewigen Jungfrau Maria geweiht wurde. Von Novgorod aus begab er sich nach Pskov, seine eigene Stadt, wo sein Vater verschieden war, der fromm-rechtgläubige, auf den Namen Gavriil getaufte Fürst Vsevolod, der Wunderwirker Novgorods und Pskovs. Und aus der Stadt Pskov begab er sich nach Moskau, und er befahl im Jahr 1164, eine Kirche erbauen zu lassen, zu Ehren des Entschlafens unserer heiligen Herrscherin, Gottesgebärerin und ewigen Jungfrau Maria. Und aus Moskau begab er sich nach Pereslavl'-Zalesskij, und aus der Stadt Pereslavl' in die Stadt Rostov. Zur selben Zeit weilte in der Stadt Rostov der Großfürst Andrej Bogoljubskij. Und es befahl der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij, in Rostov im Jahr 1164 am 23. Tag des Monats Mai eine Kirche erbauen zu lassen, zu Ehren des Entschlafens unserer heiligen Herrscherin, Gottesgebärerin und ewigen Jungfrau Maria. In den Tagen des fromm-rechtgläubigen Fürsten Georgij begannen sie Gräben auszuheben für das Fundament. Und sie fanden die bestatteten Gebeine des Heiligen in Christo Leontij, des Bischofs und Wundertäters von Rostov, der die Menschen in der Stadt Rostov zum christlichen Glauben bekehrt und sie, klein und groß, getauft hatte. Und da ward der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij von großer Freude erfüllt und pries Gott, der ihm einen so überaus kostbaren Schatz zugedacht hatte, und er beging eine Andacht. Und er trug dem Fürsten Andrej Bogoljubskij auf, in die Stadt Murom zu reiten und in Murom eine Kirche zu erbauen, zu Ehren des Entschlafens unserer heiligen Herrscherin, Gottesgebärerin und ewigen Jungfrau Maria.

Derselbe fromm-rechtgläubige Großfürst Georgij ging aus der Stadt Rostov fort und kam in die Stadt Jaroslavl', die am Ufer des Wolga-Flusses steht. Und er setzte sich in eine Barke und fuhr die Wolga flußabwärts und landete am Ufer bei Klein-Kite¾ (Gorodec), das an der Wolga liegt. Und er baute Klein-Kite¾ fertig, und alle Menschen der Stadt begannen diesen fromm-rechtgläubigen Fürsten Georgij inständig zu bitten, das wunderwirkende Bildnis der Ikone der heiligen Gottegebärerin von Fjodorovsk möge zu ihm in die Stadt gebracht werden. Er erfüllte auch diese Bitte. Sie begingen fünf Andachten für die heilige Gottesgebärerin. Und als sie geendet hatten und das besagte Bildnis in die Stadt tragen wollten, da rührte sich das Bildnis nicht vom Fleck, auch nicht das kleinste bißchen. Der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij erkannte den Willen der heiligen Gottesgebärerin, die sich hier selbst den Ort erwählte, und er begann an dieser Stelle zu Ehren der heiligen Gottesgebärerin von Fjodorovsk ein Kloster zu errichten.

Derselbige fromm-rechtgläubige Fürst Georgij ging von diesem Ort nicht über das Wasser, sondern trockenen Fußes fort. Und er überquerte den Fluß Uzola und einen zweiten Fluß mit Namen Sanda, und auch einen dritten Fluß überquerte er, der hieß Kerenec, und er gelangte an einen See, der hieß Svetlojar, "lichtes Ufer". Und er erblickte diesen Ort, der außergewöhnlich schön und bevölkert war. Und auf das inständige Bitten der dortigen Bewohner hin begann der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij am Ufer dieses Sees Svetlojar eine Stadt mit Namen Groß-Kite¾ zu erbauen, denn dieser Ort war so außergewöhnlich schön, und am anderen Ufer des Sees befand sich ein Eichenhain.

Auf den Rat und den Befehl des fromm-rechtgläubigen Großfürsten Georgij hin begannen sie Gräben auszuheben, um den Ort zu befestigen. Und sie begannen mit dem Bau einer Kirche, die der Erhöhung des ruhmreichen Kreuzes des Herrn geweiht wurde, und eine zweite Kirche zu Ehren des Entschlafens unserer heiligen Herrscherin, Gottesgebärerin und ewigen Jungfrau Maria, und eine dritte Kirche zu Ehren der Verkündigung unserer heiligen Herrscherin, Gottesgebärerin und ewigen Jungfrau Maria. Es befahl Fürst Georgij, in allen diesen Kirchen auch zu Ehren anderer Festtage des Herren und der Gottesgebärerin eigene Seitenaltäre anzufertigen.

Und diese Stadt, Groß-Kite¾, maß 100 Klafter (213 Meter) in der Länge und in der Breite, und dieses erste Maß war klein. Und es befahl der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij, noch 100 Klafter (213 Meter) in der Länge hinzuzufügen, und die Stadt maß daraufhin 200 Klafter (426 Meter) in der Länge und 100 Klafter in der Breite. Und sie begannen mit dem Bau dieser Stadt aus Stein im Jahr 1165 am ersten Tag des Monats Mai, am Tag des heiligen Propheten Jeremias und mit dessen Hilfe. Und diese Stadt wurde in drei Jahren erbaut, und sie beendeten den Bau im Jahr 1167, am 13. Tag des Monats September, am Tag des heiligen Märtyrergeistlichen Grigorij, des Bischofs von Groß-Armenien.

Und der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij Vsevolodoviè begab sich nach Klein-Kite¾, das auf dem Ufer der Wolga steht. Und nach der Erbauung dieser Städte, des kleinen und des großen Kite¾, befahl er, vermessen zu lassen, welche Entfernung die beiden Städte voneinander trennte. Und auf den Befehl des fromm-rechtgläubigen Fürsten Georgij hin maß man 100 Poprie (etwa 2000 Kilometer). Und als der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij Vsevolodoviè dieses erfuhr, pries er Gott und die heilige Gottesgebärerin, und er befahl auch das Chronik-Buch schreiben zu lassen. Und derselbe fromm-rechtgläubige Großfürst Georgij befahl, die ganze Messe vollständig zu begehen. Und nachdem er während der Messe der heiligen Gottesgebärerin von Fjodorovsk eine Andacht gesungen hatte, fuhr er in der Barke über das Wasser in seine oben erwähnte Stadt Pskov. Das Volk begleitete ihn unter großen Ehren; und nachdem sie von ihm Abschied genommen hatten, ließen sie ihn ziehen.

Nachdem der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij Vsevolodoviè in seine Stadt, das obengenannte Pskov, zurückgekehrt war, verweilte er viele Tage im Gebet und wachte und verteilte an die Bedürftigen, die Witwen und Waisen viele Almosen. Und nach der Erbauung dieser Städte lebte er 75 Jahre.

Es war im Jahre 1239. Gott ließ es geschehen, daß unserer Sünden wegen der ruchlose und gottlose (Mongolen-)Zar Batu mit Krieg in die Rus' kam. Und er verwüstete die Städte, und mit Feuer brannte er sie nieder, und auch die Kirchen Gottes verwüstete und verbrannte er. Die Menschen lieferte er der Qual aus, mit dem Messer durchbohrte er die kleinen Kinder, die Jungfrauen entehrte er durch Unzucht. Und es herrschte großes Wehklagen.

Als der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij Vsevolodoviè all dies vernahm, da weinte er bitterlich. Und indem er zum Herrn und zur heiligen Mutter Gottes flehte, sammelte er seine Heerschar und zog mit seinen Streitern gegen den sündigen Zaren Batu. Und als beide Heere zum Kampf aufeinandertrafen, da hub eine große und blutige Schlacht an. Damals hatte der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij wenig Streiter, und es wandte sich der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij vor dem Zaren Batu zur Flucht, flußabwärts über die Wolga nach Klein-Kite¾. Und lange kämpfte der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij mit dem ruchlosen Zaren Batu und ließ diesen nicht in die Stadt hinein.

Als die Nacht hereinbrach, da begab sich der fromm-rechtgläubige Fürst Georgij aus dieser Stadt im Verborgenen in die Stadt Groß-Kite¾. Frühmorgens, als dieser sündige Zar erwachte, da rückte er mit seinen Kriegern zum Sturm gegen die Stadt Klein-Kite¾ vor und eroberte sie. Und alle Leute in dieser Stadt tötete und erschlug er. Und da er den fromm-rechtgläubigen Fürsten Georgij nicht finden konnte, begann er einen Städter zu quälen; und jener verriet ihm den Weg, weil er es nicht ertragen konnte. Da jagte nun der Ruchlose den Spuren des Fürsten nach. Und als er die Stadt erreichte, traf er mit der Menge seiner Krieger auf den Fürsten und nahm die Stadt Groß-Kite¾ ein, die am Ufer des Sees Svetlojar ist, und er tötete den fromm-rechtgläubigen Fürsten Georgij, am 4. Tag des Monats Februar. Und der ruchlose Zar Batu zog aus der Stadt fort. Und anschließend nahm man die Gebeine des fromm-rechtgläubigen Fürsten Georgij Vsevolodoviè. Und nach dieser Verwüstung ließ man die Städte Klein-Kite¾, das auf dem Ufer der Wolga steht, und Groß-Kitez, das am Ufer des Sees Svetlojar ist, veröden.



Der See Svetlojar

Und unsichtbar wird Groß-Kite¾ bleiben bis zur Wiederkunft Christi, was schon in früheren Zeiten vorgekommen ist, wie es die Viten der heiligen Väter bezeugen, das Väterbuch von Monasij und das Väterbuch des Skit und das alphabetische Väterbuch und das Väterbuch von Jerusalem und das Väterbuch des Heiligen Berges (Athos) und diese heiligen Bücher, in denen die Viten der heiligen Väter verzeichnet sind; alle stimmen sie darin überein, daß es nicht nur den einen geheimen Aufenthaltsort gibt, sondern viele Klöster, und in diesen Klöstern befindet sich eine überaus große Schar von heiligen Vätern, gleich den Sternen am Himmel, erglänzend in ihren Wohnstätten. So wie es unmöglich ist, den Sand des Meeres zu zählen, so kann man auch nicht alles beschreiben. Hierüber spricht voller Erstaunen, mit Hilfe des Heiligen Geistes in die Zukunft blickend, der selige Prophet, Zar David; er ruft im Heiligen Geiste in seinem gottbegeisterten Buche der Psalmen aus: "Der Gerechte wächst wie eine Palme, und wie eine libanesische Zeder ragt er empor. Im Hause des Herren gepflanzt, wachsen sie an den Höfen unseres Gottes." Und noch dieses spricht der Prophet, Zar David: "Sie zogen in Lamm- und Ziegenhäuten umher, Entbehrung, Leid und Grimm ertragend: jene, derer die ganze Welt nicht würdig ist." Dasselbe Wort sprach auch der heilige Johannes Goldmund (Chrysostomos), in seiner Belehrung sprach er es aus in der dritten Woche der Fastenzeit. Dasselbe Wort richtet an uns, in die Zukunft blickend, der heilige Anastasij vom Berge Sinai. Dasselbe apostolische Wort richtet an uns, in die Zukunft blickend, unser ehrwürdiger Vater, der große Ilarion, der über die Heiligen schreibt: "Und in den letzten Zeiten wird es sein: Verborgene Städte und Klöster wird es geben, weil auf der Welt die Herrschaft des Antichrist beginnen wird. Dann wird man in die Berge fliehen und in die Höhlen und in die Schluchten der Erde." Und der menschenliebende Gott wird dann nicht den Menschen verlassen, welcher nach Erlösung strebt. Alles schafft Gott dem Menschen mit Hilfe von Inbrunst, Ergriffenheit und Tränen. Denselben Retter verkündet der göttliche Mund im heiligen Evangelium; er spricht, daß "denen, welche nach Erlösung suchen und streben, alles zukommen wird".

Und im sechsten Jahr nach dem Ableben des heiligen und fromm-rechtgläubigen Großfürsten Georgij Vsevolodoviè und nach der Bestattung seiner rechtschaffenen Gebeine kam der Zar Batu, um im Rus'ischen Zarenreich Krieg zu führen. Es zog gegen den Zaren Batu der fromm-rechtgläubige Fürst Michail von Èernigov mit seinem Bojaren Fjodor. Und als beide Heere gegeneinander kämpften, da ward ein gewaltiges Blutvergießen. Und es tötete jener ruchlose Zar Batu den fromm-rechtgläubigen Großfürsten Michail von Èernigov mit dem Bojaren Fjodor im Jahre 1241, am 20. Tag des Monats September. Und zwei Jahre nach dem Ableben des fromm-rechtgläubigen Fürsten Michail von Èernigov tötete der ruchlose Zar Batu den fromm-rechtgläubigen Fürsten Merkurij von Smolensk im Jahr 1246, am 24. Tag des Monats November. Und im Jahr 1248 verödeten das Moskauer Zartum und die übrigen Klöster und die Stadt Groß-Kite¾.


Du bist Priester!

Ty esi erej!
Du bist Priester!
Moskauer Schule, 16. Jh.

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WELCHER MENSCH AUCH den Entschluß faßt, wahrhaftig und nicht lügenhaft in sie (die Stadt Kite¾) einzugehen, und beginnt, sich aus Inbrunst Enthaltsamkeit aufzuerlegen, wenn er viele Tränen vergießt und in sie eingeht und verspricht, lieber des Hungers zu sterben, als von ihr abzulassen, und viele andere Leiden zu ertragen und sogar des Todes zu sterben -- wisse, daß dann Gott denjenigen erlösen wird, daß jeder seiner Schritte offenbar und von dem Engel aufgezeichnet sein wird. Denn er ist auf dem Pfad der Erlösung gewandelt, wie es die Schriften bezeugen, so das Väterbuch des Skit. Es gab einen gewissen Vater, der brachte eine Hure von der Unzucht ab. Die Hure kam sogar mit ihm zum Kloster. Und als sie die Pforten des Klosters erreicht hatte, da verstarb sie. Und sie wurde gerettet. Und eine zweite begab sich gleichfalls mit dem Vater in die Einsiedelei, und dort verstarb sie. Und die Engel empfingen ihre Seele und hoben sie über eine Leiter in den Himmel empor.

So ergeht es auch besagtem Menschen. Wenn ihn auch der Tod ereilt, so ist es nach der göttlichen Schrift festgelegt. Denn der so Wandelnde gleicht jenem, der im Geiste vor der babylonischen Hure davonläuft, vor dieser dunklen und von Bösem erfüllten Welt, über die der heilige Theologe Johannes in der Offenbarung geschrieben hat, in seinem Buch, das die Endzeit beschreibt. Er spricht darin, wie die Hure entblößt und schamlos auf dem siebenköpfigen Tier sitzt. In ihren Händen hält sie den Kelch, randvoll mit Bosheit und angefüllt mit Gestank. Und sie reicht ihn den Bewohnern der Welt, die so etwas lieben, -- als erstes den Patriarchen, den Zaren, den Fürsten, den Vojevoden und allen reichen Machthabern und allen Menschen dieser Welt, die ihre Süße lieben.

Es ziemt sich für jenen, welcher seine Erlösung will und herbeiwünscht, die Welt und ihre Süße zu fliehen. Wie sprach schon Johannes, mit Hilfe des Heiligen Geistes prophezeiend: "Die Frau wird in die Wüste fliehen und der Drache wird ihren Spuren nachjagen, jener, der von rechten Pfad abbringt alle, welche ein demütiges und geistliches Leben führen wollen." Und dieser verfluchte Drache lehrt, auf einem breiten und geräumigen Weg zu gehen, dem Pfad der Bosheit, und er bringt vom rechten Weg ab und verführt und gebietet, ein verkommenes Leben zu führen, und versetzt diejenigen in Furcht, welche auf dem rechten Weg wandeln.

Aber denjenigen, welcher die Erlösung will und sucht und ersehnt, diesen Menschen belehrt umso nachdrücklicher die göttliche Gnade; sie hilft ihm und lehrt ihn und leitet ihn an, ein vollkommenes, geistliches, demütiges Leben zu führen. Denn niemand wurde jemals irgendwo vom Herrn verlassen. Wann immer man Ihn anrief, wurde man von Ihm erhört. Oder wann immer man bittet, wird man dann nicht auch von Ihm angenommen? Und das, was man sucht, findet man es nicht bei Ihm? Denn allen, die zu Ihm kommen, nimmt sich der Herr mit Freuden an und alle ruft Er herbei. So sehen gewöhnlich selbst die Mächte des Himmels nicht das göttliche Antlitz. Aber wenn ein Sünder auf Erden bereut, dann sehen alle himmlischen Mächte in reiner Helle das Antlitz Christi, und es offenbart sich Seine göttliche Herrlichkeit, und sie erblicken Sein Antlitz. Da wird um der Seele eines einzigen reuigen Sünders willen allen himmlischen Mächten und allen Heiligen Freude zuteil. Und die Mächte, das sind die Engel und Erzengel, Cherubim und Seraphim, Urbeginne und Mächte und Herrschaften. Und die Heiligen, das sind die Propheten und die Apostel und die Ältesten und die Gerechten und die Märtyrer und die Märtyrerinnen und andere Heilige. Der Sühne eines einzigen Sünders wegen wird allen Himmelsmächten und allen Heiligen Freude zuteil.

Welcher aber den Empfang der Erlösung nicht erstrebt, sich nicht darum bemüht, es nicht herbeisehnt, den braucht der Herr in Not und Unfreiheit nicht. Und aus der Inbrunst und der Ergebung des Herzens erschafft der Herr dem Menschen alles. Und wenn jemand mit lauterem Sinn und mit unerschütterlichem Glauben ein Gelübde ablegt, in sich darob keine Eitelkeit aufkommen zu lassen und, selbst wenn er auf dem Weg zurückkehrt, dem Vater, der Mutter, den Brüdern, den Schwestern nichts mitzuteilen, -- einem solchen wird ihm der Herr den Weg enthüllen und ihn zu einer solchen segensvollen und stillen Zuflucht (der unsichtbaren Stadt) führen, durch die Gebete unserer gerechten Väter, welche sich Tag und Nacht unablässig mühen. Das Gebet, das ihren Mündern entströmt, gleicht wohlriechendem Weihrauch. Sie beten auch für diejenigen, welche aufrichtigen Herzens und nicht verlogenen Gelübdes wegen nach Erlösung streben. Und wer gerettet werden will und betet, wer sich Ihm zuwendet, dessen nimmt sich Gott mit Freuden an, gleicht wohlriechendem Weihrauch. Sie beten auch für diejenigen, welche aufrichtigen Herzens und nicht verlogenen Gelübdes wegen nach Erlösung streben. Und wer gerettet werden will und betet, wer sich Ihm zuwendet, dessen nimmt sich Gott mit Freuden an, gleichsam ihn unterweisend.

Und wer erstrebt, zu diesem heiligen Ort zu gehen, der darf keine Hinterlist und keine Verderbnis im Schilde führen, welche den Sinn desjenigen Menschen verwirren und auf Abwege bringen, der auf dem Weg sein will. Er hüte sich vor den bösen Gedanken, die ihn von diesem Ort fortreißen und trennen wollen. Und er denke weder an dies noch an jenes. Einen solchen Menschen wird der Herr auf den Pfad der Erlösung führen. Oder es wird ihm eine Botschaft aus dieser Stadt oder diesem Kloster zukommen, die ja beide verborgen sind: Stadt und Kloster. Es gibt ja auch das Chronik-Buch über das Kloster. Zum Anfang kehre ich nun zurück.

Wer aufbricht und dann anfängt, zu zweifeln und schlecht zu sprechen, vor dem verbirgt der Herr die Stadt. Und sie erscheint diesem als Wald oder als öder Ort. Und ein solcher empfängt nichts, sondern seine Mühe war umsonst. Und Versuchungen und Vorwürfe und Schmähungen werden ihm durch Gott zuteil. Strafe wird er hier und im zukünftigen Weltenalter finden, Tadel und höllische Finsternis dafür, daß er diese heiligen Orte besudelte, das Wunder, das sich am Ende unseres Weltenalters zuträgt: Unsichtbar wurde die Stadt, so wie es in den vergangenen Zeiten viele unsichtbare Klöster gab; darüber wurde in den Viten der heiligen Väter berichtet, dort wirst du eingehender nachlesen können.

Und diese Stadt Kite¾ wurde unsichtbar und verhüllt von göttlicher Hand; der Herr barg diese Stadt am Ende unserer gar aufgewühlten und beklagenswerten Zeit in Seiner Hand. Und sie wurde unsichtbar auf das Gebet und das Gesuch derer hin, die würdig und in rechter Weise dorthin gelangten, die nicht der vom Drachen-Antichristen auferlegten Leiden und Klagen achteten. Nur über uns betrübt man sich Tag und Nacht, über unseren Abfall und den unseres ganzen Moskauer Reiches, denn der Antichrist herrscht ja in ihm und mit ihm alle seine schlechten und unreinen Gebote.

Über die Verödung der Stadt erzählen die Väter, und sie hörten davon von den Vorvätern, die nach der Zerstörung der Stadt und einhundert Jahre nach dem sündigen und gottlosen Zaren Batu lebten. Denn dieser verwüstete das ganze Land, und die Weiler und Dörfer brannte er mit Feuer nieder. Und Wald wuchs überall. Und von dieser Zeit an wurden Stadt und Kloster unsichtbar.

Dieses Chronik-Buch schrieben wir nieder im Jahr 1251, und wir wurden durch die Versammlung bestärkt und wir übergaben es der heiligen Kirche Gottes zur Stärkung aller rechtgläubigen Christen, die es lesen oder es hören und diese göttliche Schrift nicht tadeln wollen. Wenn nämlich irgendein Mensch uns schmäht oder verspottet ob dieser göttlichen Schrift, der möge wissen, daß er nicht uns getadelt hat, sondern Gott und Seine reine Mutter, unsere heilige Herrscherin, Gottesgebärerin und ewige Jungfrau Maria. In der Schrift wird der Gottesmutter großer Name gerühmt und gepriesen und verewigt. Auch sie behütet und verwahrt und verbirgt in ihrer Hand die Stadt, um unsertwillen ihrem Sohn das Gebet darreichend: "O geliebter Sohn, weise meine Bitte nicht zurück. Der Du mit Deinem Blut die ganze Welt rein wuschest, erbarme Dich ihrer, erhalte und behüte jene, welche mit unerschütterlichem Glauben und reinen Herzens meinen Namen anrufen." Und weil der Herr die Stadt mit Seiner Hand verhüllte, haben wir darüber geschrieben und es bezeugt und davon berichtet.

Und an dieser unserer Mitteilung darf nicht das geringste hinzugefügt und abgeändert werden, weder Punkt noch Komma. Falls jemand etwas hinzufügt oder abändert, wird dieser, der Überlieferung der heiligen Väter zufolge, verflucht sein; so will es die Überlieferung derer, die dies mitgeteilt und bekräftigt haben. Falls dies jemandem unglaubwürdig dünkt, so möge er die Viten der Vorväter lesen und feststellen, daß es in der vergangenen Zeit viele derartige Dinge gegeben hat. Gepriesen sei der herrliche Gott in der Dreifaltigkeit und Seine reine Gottesmutter, die diesen Ort behütet und beschützt, und alle Heiligen. Amen.






Übersetzung aus dem Altrussischen
Copyright 1995 Markus Osterrieder

Text nach V. L. KOMAROVIÈ (ed.): Kite¾skaja legenda. Opyt mestnykh legend. Moskva 1936.

 

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