Über die Deutschen ...
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Friedrich Schiller
»Deutscher Nationalcharakter.
Zur Nation euch zu bilden, ihr hofft es, Deutsche, vergebens:
Bildet, ihr könnt es, dafür freier zu Menschen euch aus.«
Sämtliche Werke.
Hrsg. von Gerhard Fricke / Herbert G. Göpfert.
Bd. I: Gedichte / Dramen I. München 1958, S. 267
Friedrich Schiller (1797)
»Das ist nicht des Deutschen Größe:
Obzusiegen mit dem Schwert,
In das Geisterreich zu dringen
Vorurteile zu besiegen (...)
Männlich mit dem Wahn zu kriegen
Das ist seines Eifers wert.«
Sämtliche Werke, Bd. I, S. 475
Johann Wolfgang Goethe
»Überhaupt ist es mit dem Nationalhaß ein eigenes Ding. - Auf den
untersten Stufen der Kultur werden Sie ihn immer am stärksten
und am heftigsten finden. Es gibt aber eine Stufe, wo er ganz
verschwindet und wo man gewissermaßen über den Nationen steht,
und man ein Glück oder ein Wehe seines Nachbarvolkes empfindet,
als wäre es dem eigenen begegnet.«
Gespräch mit Eckermann vom 14. März 1830
Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche.
Hrsg. von Ernst Beutler.
Bd. XXIV: J. P. Eckermann, Gespräche mit Goethe.
Zürich 1948, S. 733f.
Johann Wolfgang Goethe
»Deutschland ist nichts, aber jeder einzelne Deutsche ist viel,
und doch bilden sich letztere gerade das Umgekehrte ein. Verpflanzt
und zerstreut wie die Juden in alle Welt müssen die Deutschen
werden, um die Masse des Guten ganz und zum Heile aller Nationen
zu entwickeln, das in ihnen liegt.«
Gespräch mit Kanzler von Müller vom 14. Dezember 1808
Gedenkausgabe, Bd. XXII: Goethes Gespräche, 1. Teil.
Zürich 1949, S. 527
Johann Wolfgang Goethe
»Doch liegt mir Deutschland warm am Herzen. Ich habe oft einen
bittern Schmerz empfunden bei dem Gedanken an das deutsche Volk,
das so achtbar im einzelnen und so miserabel im ganzen ist.«
Gespräch mit Luden vom 13. Dezember 1813
Gedenkausgabe, Bd. XXII, S. 713.
Wilhelm von Humboldt
»Niemand könnte daran hindern, daß nicht Deutschland (...) auch
ein erobernder Staat würde, was kein ächter Deutscher wollen kann;
da man bis jetzt wohl weiß, welche bedeutende Vorzüge in geistiger
und wissenschaftlicher Bildung die deutsche Nation, solange sie
keine politische Richtung nach außen hatte, erreicht hat, aber
es noch unausgemacht ist, wie eine solche Richtung auch in dieser
Rücksicht wirken würde.«
Über die Behandlung der Angelegenheiten
des Deutschen Bundes durch Preußen, 30. September 1816
Werke in fünf Bänden. Hg. v. A. Flitner / K. Giel.
2. Aufl. Darmstadt 1969, Bd. IV, S. 347-417, hier S. 374.
Julius Fröbel (1858)
»Welches Volk hat wie das deutsche das Beiwort immer im Munde,
welches seinen eigenen Charakter bezeichnet? »Deutsche Kraft«,
»deutsche Treue«, »deutsche Liebe«, »deutscher Ernst«, »deutscher
Gesang«, »deutscher Wein«, »deutsche Tiefe«, »deutsche Gründlichkeit«,
»deutscher Fleiß«, »deutsche Frauen«, »deutsche Jungfrauen«, »deutsche
Männer« - welches Volk braucht solche Bezeichnungen außer das
deutsche? (...) Was ist dies alles anders als die Selbstquälerei
eines Hypochonders (...)?«
Zit. nach PROSS (Hrsg.): Die Zerstörung der deutschen Politik
11f.
Friedrich Nietzsche
»Wenn nämlich ein Volk vorwärts geht und wächst, so sprengt es
jedesmal den Gürtel, der ihm bis dahin sein nationales Ansehen
gab: bleibt es stehen, verkümmert es, so schließt sich ein neuer
Gürtel um seine Seele; die immer härter werdende Kruste baut gleichsam
ein Gefängnis herum, dessen Mauern immer wachsen. Hat ein Volk
also sehr viel Festes, so ist dies ein Beweis, daß es versteinern
will und ganz und gar Monument werden möchte: wie es von einem
bestimmten Zeitpunkte an das Ägyptertum war. Der also, welcher
den Deutschen wohlwill, mag für seinen Teil zusehen, wie er immer
mehr aus dem, was deutsch ist, hinauswachse. Die Wendung zum Undeutschen
ist deshalb immer das Kennzeichen der Tüchtigen unseres Volkes
gewesen.«
Menschliches, Allzumenschliches, 2. Teil.
Werke in drei Bänden. Hrsg. von Karl Schlechta.
3. Aufl. München 1962. Bd. I, S. 852.
Friedrich Nietzsche
Goethes »Stimme und (...) Beispiel weisen darauf hin, daß der
Deutsche mehr sein müsse als ein Deutscher, wenn er anderen Nationen
nützlich, ja nur erträglich werden wolle - und in welcher Richtung
er bestrebt sein solle, über sich und außer sich hinauszugehen.«
Ebd., 2. Teil; S. 844.
Walter Hasenclever Sie sind ernsthaft, sie sind tüchtig, sie arbeiten wie keine Nation
auf der Welt, sie erreichen das Unglaubliche - aber es ist keine
Freude, unter ihnen zu leben. Hugo von Hofmannsthal Juden und Deutsche haben vieles gemeinsam. Sie sind strebsam,
tüchtig, fleißig und gründlich verhaßt bei den anderen. Juden
und Deutsche sind Ausgestoßene... Letzten Endes ist es ein religiöser
Grund. Bei den Juden ist es klar. Bei den Deutschen sieht man
das nicht so gut, weil man ihnen noch nicht ihren Tempel zerstört
hat. Aber das kommt noch... Die Deutschen haben den Gott, der
Eisen wachsen ließ. Ihr Tempel ist der preußische Generalstab. Franz Kafka, 1920 Der Deutsche fährt nicht wie andere Menschen. Er fährt, um recht
zu haben. Kurt Tucholsky Fällt der Deutsche auf die Nase, schreibt er eine Dissertation
über Bodengerüche. Hans Kasper Wenn der Fahrplan durcheinandergerät, darf man sich nicht mehr
daran halten, sonst stoßen die Züge zusammen. Die Deutschen glauben
nicht an das, was sie sehen, sondern an den Fahrplan. Und sie
gehorchen ihm noch, wenn sie nicht mehr an ihn glauben. Ihr Gehorsam
ist schwachsinnig. Er ist verbrecherisch. Erich Kästner Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche
Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen. Kurt Tucholsky In Deutschland treffen wir eine große Gruppentapferkeit, aber
einen Mangel an Zivilcourage. Robert Mangel Die deutsche Innerlichkeit will ihren Schlafrock und ihre Ruh
und will ihre Kinder dußlig halten und verkriecht sich hinter
Salbadern und Gepflegtheit und möchte das Geistige in den Formen
eines Bridgeclubs halten. Gottfried Benn, 1930 Die Deutschen haben die Manie, sämtliche Völker erlösen zu wollen...
Man fragt sich nur, wieso Goethe in diesem Lande existieren konnte. Walter Hasenclever Das macht den Deutschen von heute so unbeliebt: Er beruft sich
bei jeder Gelegenheit auf seine »Geistesheroen«, die doch fast
immer nur im Gegensatz zu ihm gelebt haben, und ist dabei genauso
auf seinen Vorteil bedacht wie der Nachbar. Christian Morgenstern Deutschland ist nicht an seinen unmoralischen, sondern an seinen
moralischen Bürgern zugrunde gegangen. Die Moral wurde nicht unterminiert,
sondern sie hat sich als hohl erwiesen. Robert Musil nach dem ersten Weltkrieg Wozu führen denn letzten Endes die Erkenntnisse des Geistes, wenn
man nicht einmal von den Höhen der Weisheit herunterklettert,
ihre Ergebnisse auf das tägliche Leben anwendet und das zu formen
versucht nach ihrem Ebenbilde? Nichts ist bei uns peinlicher und
verhaßter als konkret gewordene Geistigkeit. Kurt Tucholsky Der Generalnenner des Mehrheitsverhaltens in Deutschland heißt
Trägheit der Seelen. Ulrich Sonnemann Seit alters her mangelt es in Deutschland an der Vorliebe für
die pragmatische Humanität. Statt dessen werden hochfahrende Entwürfe
über die Bestimmung des Menschseins sehr geschätzt. Alexander Mitscherlich Wenn man könnte, würde man in Deutschland Lehrstühle für die Installation
von Badezimmern, für Kosmetik und Erotik errichten. Bezeichnenderweise
wird in Deutschland selbst der Marxismus-Leninismus als Wissenschaft
klassifiziert. H.G. v.Studnitz Deutschland ist das Land der Schulmeister. James B. Conant, ehemaliger Hochkommissar und erster amerikanischer
Botschafter in Bonn Der Rhein ist natürlich langweilig, die Weinberge sind steif und
öd und, soweit ich es beurteilen kann, die Deutschen sämtlich
Amerikaner. Oscar Wilde Die Deutschen haben eine Besessenheit, jede Sache so weit zu treiben,
bis eine böse daraus geworden ist. George Bernard Shaw Das Schulmeisterhafte, das ewig Dozierende, war von alters her
ein Zug des deutschen Wesens, mit dem sich der Ausländer nur schwer
abzufinden vermochte. A. J. M. van Dal, Holland, Jurist Sie möchten alle Fragen möglichst mit Ja oder Nein, gut oder schlecht,
Recht oder Unrecht klar und deutlich entschieden haben. Etwas
unklar lassen, abwarten, bis Natur oder Zeit alles erledigen -
das können die Deutschen einfach nicht. Kazuo Kani Der Deutsche liebt es, seinen Mitbürgern Verhaltensmaßregeln zu
erteilen; er liebt es, mit anderen Worten, die Leute zu erziehen,
mögen sie nun Wert auf seine Belehrungen legen oder nicht. Er
trägt gern seine Überlegenheit zur Schau und spielt den Schulmeister. Pura Santillan Castrence
Das Erzübel der Deutschen ist, daß sie sich zu ernst nehmen. Uns
mangelt die Selbstironie, die beispielsweise die Franzosen in
so hohem Maße besitzen. Wir haben einen unseligen Hang zur metaphysischen
Spekulation - es fehlt uns die Grazie und Leichtigkeit des Dialogs,
den wir mit viel zu viel Psychologie und Tiefsinn beschweren.
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